Wildnis-Training: Into the wild. For your self.

IMG_6264 (2)

„Ältester“ Oliver (links) mit vier der neun Teilnehmer.

Wir Menschen haben Jahrtausende in der Natur verbracht, mit dem notwendigen Respekt vor ihren Eigenheiten und Gefahren. Evolutionsbiologisch sind wir Teil der Natur und fühlen uns grundsätzlich wohl darin: Beim “Tag der Achtsamkeit in der Wildnis”, ausgerichtet vom Krav Maga Center Frankfurt/Rhein-Main, am vorvergangenen Sonntag ging es darum, dass die Teilnehmer in einer Art Tages-Retreat ihre Sinne schärfen und zu natürlicher Wahrnehmung und zu einem erweiterten Körpergefühl finden, zu mehr Selbst-Bezug, Selbst-Vertrauen und Selbst-Bewusstein.

Also geht es um die Entwicklung der eigenen mentalen Bedingungen – und man kann schlechterdings diese ausbauen und verbessern, wenn man sich selbst schlecht kennt und wenig Bezug zum eigenen Selbst hat.

Inner & outer tracking

Immer geht es dabei um Wahrnehmung – von äußeren Gegebenheiten wie dem inneren Geschehen: In der Wildnispädagogik spricht man von outer tracking und inner tracking – also der Spurensuche im Äußeren wie im Inneren. Und dabei geht es in diesem Kontext um die Entwicklung archaischer Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie sie den Naturvölkern noch zu eigen sind und die wir industriell er- und verzogene Menschen verloren haben.

Die eigenen Sinne zu entwickeln, das Spüren und Wahrnehmen auf ein höheres Niveau führen, am sechsten Sinn zu arbeiten – das kann man selbstverständlich in Natur und Wildnis besser als in urbaner Umgebung; auch wenn man das Gelernte eher im städtischen Umfeld anwenden mag.

Wildnispädagogik & Naturalphabetisierung

Die Wildnispädagogik widmet sich intensiv dem Thema, Natur – und damit auch die eigene Natur – den Menschen näher zu bringen; eine Verbundenheit zu erzeugen. Sie nutzt dabei die traditionellen Mittel, die in der indianisch-nativen Kultur Nordamerikas entwickelt wurden (und die unter ähnlichen Lebensbedingungen von anderen Völkern in anderen Teilen der Welt praktiziert wurden und werden).

Naturwissen und Verbindungen zur Natur wurden bei sogenannten archaischen Jäger- und Sammlervölkern von Generation zu Generation weitergegeben. Leben und Lernen war eins, die Überlieferung erfolgte mündlich und als Vermittlung von Erfahrung – eine „Naturalphabetisierung“ in der Schule der Wildnis und des Überlebens. In dieser Welt spielten Texte und Lexika keine Rolle, wohl aber Älteste und Lehrer, die als praktische Vorbilder dienten und die wussten, wie man wichtiges Wissen vermittelt – nicht als trockenen Lehrstoff an der Schiefertafel oder auf dem Computerbildschirm.

Die Bildung des Busches

Natives Lernen besteht darin, eine Beziehung aufzubauen und Wahrnehmung auf vielen Ebenen zu fördern – bis hin zum Reinfühlen in Tier oder Pflanze. Aus westlich-wissenschaftlicher Sicht ist das unstrukturiertes Wissen, aber es verfügt und vermittelt jede Menge praktische Erfahrungen und Kontexte. Wer wird unter den gefährlichen, also stressigen Bedingungen im australischen Outback besser zurechtkommen – ein „ungebildeter“ Aborigine oder ein an einer Universität ausgebildeter Biologe?

Sechs Stunden haben zehn Teilnehmer so am Sonntag verbracht, überwiegend in Stille – um das Lauschen auf die äußeren Laute und die inneren Stimmen zu ermöglichen. Verschiedene Übungen zur sensorischen und meditativen Schulung auf einem verwilderten Streuobst-Gelände nahe am Waldrand standen dabei auf dem Plan. Für jeden offensichtlich eine – vielleicht manchmal unerwartete – Bereicherung.