Musik im Sandteich

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Endlich im Sand! Auch wenn das Atlasgebirge seinen eigenen Reiz hat, so fährt man Europäer doch nach Marokko, weil die Wüste lebt und ruft. Wie erwähnt, sind die beiden Sahara-Ausläufer, Erg Chegaga und Erg Chebbi, ein Tümpel im Verhältnis zu dem Sandmeer, das in Algerien, Mauretanien, Libyen oder sogar im kleinen Tunesien zu finden ist.

Aber Marokko ist eben ein verhältnismäßig sicheres Land, und daher werden die beiden kleinen Wüstengebiete entsprechend von Rallye-Fahrern, Karl May-Fans und die-Stille-der-Wüste-Suchenden frequentiert. Und es mangelt nicht an Desert-Tours-Veranstaltern, die die Besucher vom Kontinent jenseits des Mittelmeeres mit Geländewagen, Quads oder Kamelen durch den Sand karren.

Oder auch an eifrigen Helfern, die einem mit chinesischen Mopeds hinterher fahren, um am Lagerplatz auszuschwärmen und Holz zu sammeln. Diese Europäer mit ihren Autos, mit denen sie Simplizität pflegen wollen und die doch selbst in ihren simpelsten Form einen für hiesige Verhältnisse unvorstellbaren Wert darstellen, lieben Lagerfeuer – das weiß jedes Kind in M’Hamid.

Eine alte Tür und ein Spiegel

Wir haben in Tissergate eine alte Kasbah nebst Frauen-Kooperative besucht – dazu später mehr –, sind in Zagora einkaufen und Kaffee trinken gewesen , und haben nebenbei eine alte Tür aus Akazienholz mit Kamelknochen-Intarsien (so müsste man wohl sagen) und einen Spiegel mit Rahmen im marokkanischen Dekors erstanden. Beide sind für unser hebräisch-arabisches Zimmer zuhause  (das mit unseren Mitbringseln aus Israel, Jordanien, Oman und Marokko ausstaffiert ist), aus der kleinen Tür wird ein Tisch werden, der Spiegel kommt an die Wand.

Wie immer gilt: Auf wenigstens zwei Drittel des zuerst genannten Preises nach eifrigem Feilschen herunterhandeln muss sein – und man kann sicher sein, dass der Verkäufer immer noch seinen Schnitt macht. Aber wenn man kauft, dann hier oder wo-auch-immer in Marokkos Peripherie, denn in der zentral gelegenen Touristenhochburg Marrakesch wird das Zigfache verlangt werden, und den Profit streichen Händler und Zwischenhändler ein, nicht die Produzenten vor Ort.

Immer wieder werden wir in Deutsch angesprochen (“Alles klar?” scheint die Standardphrase zu sein, um mit einem Germanen ein Verkaufsgespräch zu beginnen), und als wir einem freundlichen Mann erklären (der uns offensichtlich nichts verkaufen will), wir wären bereits zum dritten Mal in Zagora, meint der: “Dann seid ihr ja Nomaden!” Das schmeichelt den Ohren  – Europäer hören einen solchen Spruch zu gerne.

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So verließ unser Lkw-Tross Zagora erst nach Mittag und machte sich auf die knapp 100 Kilometer weite Asphalt-Strecke nach M’Hamid – dort beginnt der Erg Chegaga. Wir fuhren durch den Ort und unternahmen gleich einen Versuch, unsere noch mit vollem Reifendruck versehenen Fahrzeuge im Wüstensand zu versenken. Wäre uns und unserem Mitfahrer Ottmar aus dem hessischen Herborn mit seinem Iveco Daily 4×4 fast gelungen.

Dann erst mal eine weitere Wagenburg im Dünensand. Franz und Monika aus Dingolfing lassen es sich nicht nehmen, auf der absenkbaren Plattform ihres Unimogs Platz zu nehmen. Das sieht sehr entspannt aus und ist obendrein sicher: In der Wüste gibt es giftige Schlangen und Skorpione.

Die eifrigen Helfer beim Holzsammeln sind nächtens wieder aufgetaucht – nicht mehr in Jeans und T-Shirt, sondern in Dschellabah und Schech, mit Trommeln und Teppich.  Und haben mehr als eine Stunde getrommelt und gesungen, eigentümliche Weisen. Auch getanzt. Keine Profis, hat unser Dolmetscher und Kulturmittler Jamil gesagt, sondern eine lokale Gruppe, die noch übt. Zehn Euro hat jeder der vier Musikanten dafür bekommen.