Archiv des Autors: Oliver

Über Oliver

Krav Maga Instructor seit 2003. Mindfulness Meditation Teacher seit 2013. Diplom-Sozialpädagoge, Wildnispädagoge. Japanologe.

66 Grad Nord: von Leuchtturm zu Leuchturm

Übernachtungsplatz im Treibgut

Übernachtungsplatz im Treibgut

Wir haben gestern lange geschlafen, uns Zeit gelassen, das Fahrzeug entsorgt,  uns in prima gewärmten Duschen geputzt… Von Kopasker bis zum Nordpolarkreis: Es sind nur wenige Kilometer, die wir auf der gleich nördlich vor/hinter Kopasker beginnenden Piste zurücklegen – immer an der Küste entlang…

…zuerst besuchten wir einen Brutfelsen mit Basstölpeln; dort befindet sich unter dem Namen Nupskatla eine verlassen wirkende Farm (in der wohl mal ein bekannter Schriftsteller gelebt hat). Was den Charme der Ostfjorde ausmacht, erleben wir hier (wie in den kommenden Tagen): Sie sind touristisch eher unerschlossen, keine Busse fahren den langen Weg von Reykjavik hierhin, wo es kaum etwas zu sehen gibt als: Island pur. Island eher unverfälscht. Island-so-wie-es-jenseits-der-Besucherattraktionen-ist.

Island: Brutfelsen von Basstölpeln from Oliver Bechmann on Vimeo.

Dann steuerten wir zum nördlichsten Punkt Islands, nur drei Kilometer entfernt vom Nordpolarkreis – das feiern wir mit einem kleinen Picknick direkt am Meer, nahe des Leuchtturmes. Der Ort heißt Hraunhafnartangi. Nachdem wir den Südpolarkreis auf unserer Antarktis-Reise im März 2015 überquert hatten, was das ein Muss: Weiter gen Norden schaffen wir es nicht mit dem Unimog – Grönland, Spitzbergen, sogar die zu Island zählende Insel Grimsey bleiben dieses Mal unerreichbar. Aber 66,32 Grad Nord sollen es wenigstens sein!

Die Nacht verbringen wir nicht fern des Leuchtturmes (der dritte nach denen in Akureyri und Kopasker) inmitten von angeschwemmten Treibholz und Überresten von Fischer-Netzen… dort hinzugelangen, war des Unimog würdig (siehe erstes Bild oben).

Island: Ostforde – Halbinsel Langanes from Oliver Bechmann on Vimeo.

Von Hraunhafnartangi sind wir nach weiterem gemütlichen Ausschlafen und Kaffee trinken weiter gefahren und schwingen uns auf unseren Reise-Rhythmus ein: Bleiben alle paar Kilometer stehen, um was anzusehen – verfallene Häuser, Cliffs, Basstöpel und andere Seevögel… wir wollen zur Halbinsel Langanes, aber wir haben Zeit zum Verweilen.

In Raufahrhöfn besichtigen wir kurz eine neumodische Stonehenge-Nachbildung, die entweder teilweise verfallen oder noch nicht fertig ist. Es ist dunkel-neblig und regnerisch, und aus der Beschreibung der Anlage läßt sich nicht wirklich erfahren, ob sie noch nicht fertig oder schon wieder zerfallen ist.

In Pörshöfn gibt es einen uninteressanten Campingplatz, ein futureskes Schwimmbad und eine Vinbudin (also Wein und Schnaps-Verkaufsladen) zu bewundern. Das soll gar nicht ironisch klingen – wir genießen es nach all den großen Naturwundern den isländischen Alltag zu entdecken.

Dann geht es eine lange Schotterpiste raus auf die Halbinsel Langanes bis zum Leuchtturm Fontur, entlang der Cliffs und der Basstölpel-Kolonie auf dem Felsen Stori-Karl (siehe Bilder vorstehend) und schier unendlicher Mengen an Treibholz – dass das niemand verwendet oder wenigstens verheizt!

Wir nehmen ein paar Kleinteile mit und verfeuern sie später zuhause – sie brennen prima. Angeblich kommt all das Holz aus Russland, Kanada, auch Norwegen… In einem kleinen Museum, das (viel) früher als Pfarrgemeindehaus diente, ist kein Kamin zu entdecken.

Unimog am Fontur-Leuchtturm

Unimog am Fontur-Leuchtturm



Es windet, es regnet, es ist neblig – selten so entfernt von allem und jedem gefühlt. Hier hört Island im Nordwesten auf und es fühlt sich an, als sei man am Ende der Welt. Mehr als am Cap Finisterre etwa… Nur ein paar Schafe da. Wenn die Erde eine Scheibe wäre, könnte am Cliff nach dem Leuchtturm (dem vierten in der Reihe der vergangenen vier Tage) Schluss sein.

Fjord-Kayaken und ein Seehund

island2016-501

Kayaken bei Svalbardseyri

Wir übernachten nahe der Werkstatt, in der schon die Ersatzteile auf uns warten. Die Truppe dort ist knurrig und des Englischen eingeschränkt, aber ausreichend, kundig. Ein Hüne mit Glatze und Vollbart erklärt, dass es auch ohne Reparatur ginge (was den Getriebeölverlust angeht), ansonsten werden rund 500 Euro für diesen Befund und ein paar kleinere Reparaturen kassiert.

Der Kostenvoranschlag für den kompletten Tausch des Wellendrichtringes im Anstriebsstranges war auch rund 600 Euro kalkuliert – aber: „heavy work“ hat der offensichtlich unlustige Hüne erklärt. Wenn schon die kleinen Reparaturen auf einen halben Tausender hinausgelaufen sind, dann wäre „heavy work“ wohl auf ein paar blaue Riesen rausgelaufen, vermuten wir… das soll dann doch lieber jemand zuhause zu einem günstigeren Stundensatz machen, zumal wir bei einer Reparatur in Akureyri auch noch einen Tag oder mehr verlieren würden.

Akureyri unter Besucher-Andrang

Während der Wartezeit beobachten wir die Touristen-Kolonnen, die das soeben angelegte Niederländisch-US-Amerikanische Kreuzfahrtschiff zu einem Stadt-Besuch verlassen, und gehen selbst in Akureyri frühstücken und shoppen. Die kleine Stadt bzw. ihr Zentrum quillt natürlich von Besuchern über, und mit unseren robusten Unimog-kompatiblen Klamotten fallen wir ein wenig auf. Unter den Kreuzfahrern überwiegen Stöckelschuhe und Rollatoren.

Schließlich fahren wir zu unserem gestrigen Standplatz beim kleinen Leuchtturm zurück und bauen unser im Stauraum mitgeführtes Falt-Kayak unroutiniert und daher zeitraubend zusammen. Als wir es zu Wasser lassen, sind die Luftschläuche nicht fest genug aufgepumpt, die Spritzdecken lose und das Wasser zunehmend kabbelig. Schwimmwesten haben wir keine; dumm genug – daran, dass das Wasser so kalt sein könnte, dass man kaum drin schwimmen kann, sind wir nicht gekommen.

Wir bekommen es nach einer Dreiviertelstunde auf und ab kreuzen vor der Küste des Nordatlantik-Fjords mit der Angst zu tun und kehren um – sind aber stolz, den Versuch gewagt zu haben. Beate hat einen Geistesblitz und findet doch heraus, wie das mit Verdeck und Spritzdecken eigentlich geht.

Später abends hören wir ein typisches Lkw-Geräusch – der Eine Welt Reisen-IFA steht hinter uns, André und Anne fahren eine ähnliche Route wie; so trifft man sich.

island2016-504

Frühnebel bei Kopasker

Wir haben dann heute lange ausgeschlafen und langsam angehen lassen. Das Kayak – unter den Unimog zum Trocknen gelegt – ist durch den Morgentau wieder nass und muss abgewischt und zusammengelegt werden. Schließlich soll es losgehen, da entdecke ich, dass der Hitzeschutz am Turbolader abgerissen ist… die Reparatur, damit die Schlauchschelle wieder sitzt, dauert eine Weile, weil kleinteilige Fummelei.

Wir kaufen in Akureyri ein, tanken, füllen Frischwasser und die Vorräte auf, und fahren dann Richtun Husavik und darüber hinaus nach Kopasker. Ein Wechsel zwischen Nebel und Sonne, der Blick auf die Küste teils verhangen, teils fantastisch.

Zum Nachmittagspicknick dieseln wir auf eine Landzunge mit Leuchtturm und verzehren den mittlerweile beliebten Trockenfisch und einen weniger beliebten geräucherten Heilbutt zum obligatorischen Anlegerbier. Im Wasser räkelt sich ein Seehund auf einem Felsen und winkt mit den Flossen.

In Kopasker gibt es eine erstaunlich gut ausgestattete Campsite: Eine grasgrüne Standfläche, aber mit geheizter Toilette und unlimitierter Dusche auf asphaltierter Fläche neben nebenan. Da wir ein Problem mit der Chemie-Kassetentoilette haben, sind wir froh, eine Entsorgungsstation gefunden zu haben. Eine freundliche ältere Ortsansässige und ein Junge kassieren die Nutzungsgebühr.

Kopasker erweist sich bei einem Abendspaziergang als nahezu menschenleer und erinnert an eine amerikanische Geisterstadt nach einem Bio-Angriff… alles sieht wie gerade noch genutzt und urplötzlich verlassen aus. Unsere Hochstimmung setzt sich fort: Wir sind alleine unterwegs und bestimmen Weg und Tempo nach eigenem Gutdünken. Eine Wohltat nach der Kilometerfresserei der Wochen zuvor.

Keine Mücken am Mückensee

Myvatn am Morgen

Myvatn am Mittag

Abschied von der Eine Welt Reisen-Gruppe: Sibylle und Claudia im Iveco ziehen gen Westfjorde, Beate und ich gehen ins örtliche Walmuseum und besichtigen noch eine Kirche in Husavik, dann fahren wir zurück nach Reykjadlid am Myvatn. Wir sind nun allein unterwegs, mit einem kränkelnden Fahrzeug, dessen Technik wir nur oberflächlich kundig sind. Die ersten – wenigen und harmlosen – Pistenkilometer ziehen vorüber…

Enttäuschung am Campingplatz bei Reykjadlid: Kein Kayaken erlaubt; das hatten wir eigentlich unbedingt vor, deswegen waren wir zum Myvatn zurückgefahren. Es scheint eine prächtige Sonne, dafür gibt es gar keine Mücken (wie wenige Tage zuvor) und man kann für die Campingplatzgebühr duschen ohne Limit. Also Licht im Dunkel.

Freier Blick zum Myvatn

Auch zeigt sich das Universum von seiner besten Seite: Wir müssen den Unimog ganz am Rand positionieren, was sich im Laufe des Tages und Abends keineswegs als Nach-, sondern vielmehr als Vorteil entpuppt: Tatsächlich füllt sich der Platz mit Zelten und Fahrzeugen zum Bersten in den Abendstunden. Wo wir stehen, genießen wir weiterhin freien Blick zum Myvatn.

Was passiert weiter? Lesen und in der Sonne sitzen und alles ganz ruhig, ein wunderschöner Blick auf See und Sonne. Besprechen die Orientierung und Navigation für die kommenden Tage. So ist man unterwegs, und steht doch still.

Wir lassen uns viel Zeit morgens und verlassen den Campingplatz, der sich schon weitgehend geleert hat, erst gegen 12 Uhr. Tanken, Milch einkaufen (Kaffee ohne Milch und Zucker ist undenkbar, allein mit dieser Koffein-Fett-Kohlenhydrat-Mischung komme ich durch den ganzen Tag), dann die Chemietoilette nach kurzer Suche auf einem benachbarten Campingplatz entleert.

Wir kurven südlich um den Myvatn (die Anfahrt war über die Nordroute verlaufen) – dort finden wir einen wunderbaren Wanderweg inmitten einer bizarren Lava-See-Landschaft bei Höfdi, etwas abgelegen, nicht sonderlich frequentiert. Kleines Picknick, aber den Kaffee haben wir vergessen… Schwarze (Lava-)Sandstrände laden zum Baden ein (wie häufig), aber für Badehose & Bikini ist es denn doch zu kühl. Für uns jedenfalls, auch wenn sich unser Verhältnis zu Wärme und Wetter im Zuge der Island-Reise völlig ändert. We are Icelanders!

Rund um den "Birds Trail" an der Südseite des Myvatn

Rund um den „Birds Trail“ an der Südseite des Myvatn

Einen weiteren Halt legen wir am Birds Trail bei Skutusstadir ein. Wir genießen es sehr, endlich frei zu sein – keine Reiseroute liegt fest, keine Reiseleitung drängelt zum Aufbruch, keine Ziele sind zu erreichen. Nowhere to go. Wir wandern rund um die Pseudo-Krater; in neiner nahe gelegenen Räucherei erwerben wir nach isländischer Art geräucherten Heilbutt und Lachs. Schmeckt lecker, allerdings auch so, als sei der Fisch in einem vollen Aschenbecher mariniert worden.

Standplatz in Svalbardseyri

Standplatz in Svalbardseyri

Vor Akureyri wabert der Nebel im Fjord. Wir finden einen vorübergehenden Standplatz an der Küste bei Svalbardseyri… nahe eines kleinen Leuchtturmes. Ein Kreuzfahrtschiff tutet im Nebel und zieht gespenstisch vorbei. Wir sind für uns.

Spät am Abend ziehen wir noch um – zum gegenüberliegenden Akureyri, wo wir morgen um 8 Uhr einen Termin in der Werkstatt von www.trukkurinn.is haben. Wir nächtigen daher nahe des Werkstatt-Tores im Hafen- und Gewerbegebiet der zweitgrößten Stadt Islands.

Dettifoss, Dimmuborgir, Hljodaklettar, Husavik

Myvatn

Myvatn-See

Von unserem Standplatz-Schrottplatz ging es gestern zunächst Dettifoss, dem Wasserfall Islands schlechthin, dem voluminösesten Europas überhaupt. Zuvor schaute sich unsere neunköpfige Truppe noch ein paar Dämpfe aufgrund heißer Quellen in der Umgebung des Myvatn („foss“ = „Wasserfall“, „vatn“ = „see“) an; ich nicht, weil ich beim Unimog geblieben bin, dessen Motor ich habe laufen lassen. Ich hatte einfach keine Lust auf die Vorförderpumpen-Prozedur, um ihn wieder anlassen zu können. Es war ohnehin alles gerammelt voll mit Besuchern…

Auf der Fahrt zum Dettifoss haben wir Dimmuborgir, eine Art Lava-Garten mit wie Trolle aussehenden Fels-Formationen, sowie eine bekannte Felsspalte mit Höhlen aus blau schimmernden Wasser besucht (Anm.: Name wird nachgereicht).

Den Dettifoss muss man gesehen haben, klar. Vor allem ist er gut besucht, auch klar. Aber schön ist er nicht, er sieht ziemlich schmutzig aus. Immerhin ist er gewaltig, und das schien mir in Videos besser als in Fotos erfassen zu sein. (Anm.: Video-Zusammenschnitt wird nachgereicht).

Nach kurzer Pistenfahrt kamen wir gestern abend auf der Hljodaklettar-Campsite in einem Tal an, fanden ein schönes Fleckchen für unsere drei Lkw’s – ruhig war es sowieso, kaum andere Geländewagenfahrer, Pkw-Fahrer, Mountainbiker oder Wanderer da.

island2016-796

Standplatz auf Hjodaklettar-Campsite

 

Heute hatten alle Lust auf Muße, auf spätes Aufstehen, auf langsames in-den-Tag-kommen, der von Sonnenschein geprägt war. Schließlich brachen wir zu einer Wanderung rund um die Lava- und Basaltfelsen von Hljodaklettar auf:

Das Ende der (gemeinsamen) Reise naht (die letzte Woche wird jede Lkw-Besatzung alleine in einer Region eigener Wahl verbringen): Wir fuhren an der Küste entlang nach Husavik, wo wir uns in den Hafen stellen und dort auch übernachten, nachdem die Diesel-Leitung des Unimogs erneut deutlich geleckt hat (was Beate durch einen Diesel-feuchten Tank beim Fahren im Außenspiegel bemerkte).

Gelernt: Reparaturarbeiten mit Problemcharakter immer in der Nähe von hilfefähiger Infrastruktur vornehmen! In einem Fischereihafen etwa nimmt man kleinere Mengen tropfenden Öls nicht so krumm; jemand, der schrauben kann und Schrauben hat, ist vermutlich auch nicht weit. Schluss mit dem improvisierten Abdichten durch Klebeband heißt es allerdings: Ich montiere mit Andrés Hilfe eine neue Diesel-Leitung unter Verwendung von Schlauchschellen. Ab jetzt hält’s!

Dann essen wir mal nicht an Bord unserer Fahrzeuge, sondern in einem netten Hafenrestaurant Husaviks nahe der geparkten Lkw’s.

Morgens, mittags, abends: Getriebeöl und Diesel

unbenannt-650Jedem hilft jedem: Überquerung eins Fluss-Laufes.

Nach wenigen Kilometern Piste erreichen wir eine Siedlung namens Höll – einem Ort, der eigentlich nur aus einer Autogarage besteht… Das kommt in Island öfter vor: Auf der Landkarte sieht man viele – vermeintliche – Ortsnamen, die überwiegend nur einzelne Höfe sind. Zu denen führen lange Anfahrten, am Pistenabzweig selbst ist ein Briefkasten zu sehen, in der Ferne dann die Gebäude.

Die Autogarage in Höll steuern wir an, weil André – zurecht – die Vermutung hegt, dass man ihm dort ein Schweißgerät ausleihen könne. An seinem Fahrersitz ist eine Strebe gebrochen. Auch in diesem Fall erleben wir die große Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Isländer – der Garagenbesitzer überläßt uns ohne weiteres sein gut sortiertes Werkzeugsortiment.

Getriebeöl – der neue Herrenduft

Während Andrè schweißt und die zerstörte Winde am Heck seines IFA von Trümmerstücken säubert (siehe: Happy Birthday! Ich habe den Unimog versenkt!), machen wir anderen uns daran, die völlig verdreckten, verschlammten und verknoteten Bergungsgurte zu säubern und voneinander zu trennen. Was mit einigen Mühen einhergeht. Ich prüfe mal wieder den Stand des Getriebeöls – ohne daran zu denken, dass die das Verteilergehäuse (wie die Achsen) des Unimog unter Druck stehen, und erhalte so eine Getriebeöldusche von oben bis unten (ein hartnäckiger Geruch, der aus den Klamotten erst nach mehrmaligem Kochen zuhause herausging).

Bei der Weiterfahrt durchqueren wir weitere Lava-Mondlandschaften, dann erreichen wir das Gletscher-Eis vom Hofsjökull. Es gilt abermals, eine kleine  Stein-Brücke über einen Fluss zu bauen (siehe Bild oben), bevor wir auf Treibsand und Uralt-Eis herumbalancieren können.

Nee! Darf nicht wahr sein! Der Unimog springt nach Rückkehr nicht an, es gibt ein Problem mit der Diesel-Zuführung – und ab jetzt werde ich in den nächsten Tagen vor jedem Anlassen die Motorhaube öffnen, um erst einmal via Vorförderpumpe Diesel in die Leitung und die Einspritzpumpe zu bekommen… es wird sich herausstellen, dass mehrere Leitungsschläuche übereinander liegen und sich während der endlosen Schüttelfahrten gegenseitig durchgescheuert haben.

Nahe einer einsamen Schutzhütte in Sichtweite des Hofsjökull-Gletscher am Tvifell schlagen wir unser Nachtlager auf. Kein Mensch weit und breit.

Unterm Auto statt im Hot Pool

Nach einer ruhigen Nacht heißt es dann für heute: Morgens schrauben, mittags schrauben, abends schrauben. Getrieb-Ölstand und leckende Diesel-Leitung prüfen bzw. reparieren. Während die Frauen in einem Natur-Hot Pool baden und sich die Haare waschen, hantiere ich mit Getriebe- und Diesel-Öl…

Wir erreichen die Sprengisandur-Piste wieder, machen Halt an zwei Wasserfällen und preschen durch die fast schon vertraute Mondlandschaft aus Lava und Lavasand. Nachstehend Bilder vom Aldeyarfoss, an dem man wie durch einen Querschnitt geomorphologische Einsichten gewinnen kann:

Speziell der Aldeyarfoss mit seinen Basaltsäulen war beeindruckend; um jenseits der offiziellen Beobachtungspunkte näher heranzukommen, war eine kleine Kletterpartie notwendig. Zum Aldeyarfoss trauten sich schon wagemutige Pkw- und SUV-Fahrer; der Besuch des  zweiten Wasserfalls – des Godafoss („Wasserfall der Götter“) – brachte uns abermals zurück in die Asphalt-Welt der Reisebusse und Touristenpulks. Da fühlt man sich gut in dreckigen Klamotten, weil man ja ein Abenteurer ist, mit so einem Amarok-Unimog. ;-) …und  deplaziert, und ernüchtert, wieder in der Zivilisation zu sein.

WIr fahren weiter zum traumhaft schönen Myvatn-See, wo wir tanken, Wasser und Luft an einer Tankstelle auffüllen, von zahllosen nicht-stechenden Mücken (deswegen heißt der See „Mücken-See“) umgeben sind, und schließlich standesgemäß auf einem Schrottplatz übernachten – nachdem wir von unserem eigentlich anvisierten Standplatz vor einem Schwimmbad (das geschlossen hat; kann sich die Gemeinde nicht mehr leisten) von einem Naturpark Ranger vertrieben wurden. Kann passieren; freie Übernachtungen sind immer davon geprägt, dass man nicht weiß, ob und wann man eventuell zur Weiterfahrt oder zum Ansteuern eines Campingplatzes aufgefordert wird.

unbenannt-707Ausblick auf Garage & Schrottplatz

Immerhin: Auch auf diesem Schrottplatz gab es ein paar prächtige Kfz-Pretiosen zu bewundern… Uns er Unimog hat sich da wohler gefühlt, als hinter dem Schwimmbad. Wir auch. Abendausklang: Ich habe die durchgescheuerte Diesel-Leitung mit Res-Q-Tape zu reparieren versucht, während André mit Anne in einem Fitness-Studio duschen und Beate mit Katharina spazieren war.

 

Happy Birthday! Ich habe den Unimog versenkt!

RIMG0874 (2)
Kein Unimog-Auspuff – rauchender Schlot in Hveravellir.

Regen, Nebel, starker Wind: Ab 75 km/h bzw. 9 Beaufort gilt dem Deutschen Wetterdienst eine Windbewegung als stürmisch…vermutlich waren wir gestern Morgen davon noch weit entfernt, auch wenn es sich nach Sturm angefühlt hat. Die ganze Nacht hat der Unimog geschwankt, der Wind um die Ecken des Autos geheult, der Regen aufs Dach getrommelt.

Off-Day in Kerlangarfjöll somit: Wir verbringen einen kalten Tag warm im Bett und vor Büchern und Laptop. Der leckende Wellendichtring ist ernst zu nehmen – da sollte was passieren. Nach einer Internet-Recherche durch Unimog-Foren und –Schrauberseiten – Glück, dass wir tatsächlich mal eine akzeptable Internet-Verbindung haben; ist selten der Fall in diesen Tagen – nehmen wir Kontakt mit unserer Unimog-Werkstatt im heimischen Langenselbold auf; Firmenchef Klaus Martin hilft sofort und unbürokratisch und schickt uns Infos und Explosionszeichnungen des Antriebsstranges per MMS aufs Smartphone.

We love Icelanders

Jon Harkur Olafsson wird sich als ein ferner Freund erweisen. Der Mann arbeitet im Kundendienst beim Mercedes-Händler Askja in Reykjavik und ordert für uns Wellendichtring und Gaspedalfedern. Und obendrein schickt er diese Teile uneigennützig an eine Lkw-Werkstatt in Akureyri im Norden Islands, die er extra für und recherchiert hat – denn in diese Richtung sind wir unterwegs; nach Reykjavik zurück zu fahren würde das Ende der (gemeinsamen) Reise bedeuten. Einmal mehr erweisen sich die Nachfahren der Wikinger als großartige Menschen.

Weiterlesen