Auf nach Sachsen: The Pirate Ben & Happy Dooming!

Ben ist schon längst weiter. Die Technologie wird’s nicht bringen, auch nicht FFF, XR, LG und Greenpeace; die politischen und bürokratischen Prozesse dauern zu lange. Die menschliche Bequemlichkeit, Trägheit und Ignoranz (meine buddhistischen Freunde würden sagen: Verblendung) ist zu groß. Wandel hätte seit dem Report des „Club of Rome“ einsetzen müssen – jetzt ist es zu spät.

Es wäre leicht, und genauso falsch, ihn einen Prepper zu nennen. Das würde in die völlig falsche Richtung führen. Mit den rechtsgewirkten Weltuntergangsspezialisten der Zombie Apokalypse-Fraktion will er nichts zu tun haben.

Happy Doomer sind nicht Prepper

Denn er versteht sich als Happy Doomer. Einer der wenigen, die wohl derzeit existieren, und für die anderen seiner Art ist er vermutlich das Vorbild. Prepper und Survivalists kümmern sich um ihre Essensvorräte gleichermaßen wie um ihre Munitionslager; und vor allem darum, wie sie andere mit AR & AK draußen und von sich fernhalten.

Das ist nicht Bens Ding. Er lebt zwar in einer ehemaligen Kaserne der DDR-Grenzpolizei irgendwo in Sachsen, aber militärisches Denken ist ihm fremd. Im Gegenteil: Ich habe nur wenige Menschen bislang erlebt, die praktisches Handeln und Kenntnisse verschiedener Handwerke mit einer geschliffenen Intellektualität vereinen. Als ehemaliger IT’ler sind seine analytischen Werkzeuge scharf – und deswegen ist er sich sicher: Der Klimakollaps kommt, eher früher als später, und er wird gewaltige Umwälzungen mit sich bringen.

Hitze & Dürre, Nässe & Flut: Super-Standort Sachsen

Im Gegensatz zu den landläufig – und speziell bei den Preppern – verbreiteten dystopischen Vorstellungen verbreitet er Optimismus der anderen Art: Wer sich auf den Untergang der Welt, wie wir sie kennen, vorwärtsschauend einstellt, seine Realität anerkennt und gleichzeitig eine produktive Vision vom Leben im und nach dem Kollaps entwickelt, ist ein Happy Doomer.

Dass der Kollaps vermutlich nicht wie in Hollywood-Filmen a la „Mad Max“ daherkommt, ist anzunehmen (andererseits: wer weiß?). In jedem Fall aber ist es sinnvoll, sich fernab der Städte aufzuhalten, in denen die Fähigkeit zur Selbst-Organisation und zur Selbst-Versorgung völlig verkümmert ist. Und es ist sinnvoll, sich soweit im Norden aufzuhalten, dass die zu erwartenden weiteren Hitzewellen und die damit verbundenen Dürren dem Obst- und Gartenbau nichts anhaben können; andererseits so weit im Süden, dass es genügend Sonne zum Wachstum der Pflanzen gibt. Und man muss weg von den Küsten, wo Land, Luft und Wasser aufeinandertreffen – denn dort werden sich die größten Dramen abspielen. Wetterliche wie menschliche.

The Barracks als Post-Kollaps-Nukleus

Er hat als IT’ler in verschiedenen Ländern Europas gut verdient, von seinem letzten Arbeitgeber eine ordentliche Abfindung bekommen. Und, so sagt er, er musste handeln und seinen Ideen, Überlegungen und Vorstellungen nachgehen. Ben suchte ein Gelände, dass den vorstehend genannten Kriterien entsprechen würde, und fand es: ein paar Baracken in Sachsen auf fünf Hektar Gelände. Seit vier Jahren baut er dort am Modell eines Post-Kollaps-Keims – nicht bloß zum eigenen Nutzen, sondern als Nukleus für die Weiterführung von menschlichen Errungenschaften in Kunst, Literatur etc.

Ich war über Bens Projekt irgendwann irgendwo irgendwie gestolpert und neugierig geworden. Seine Idee vom Happy Doomerism zog mich magisch an. Meinen ersten – naiv-romantisch geprägten – Survival-Kurs hab ich schon in den 80er Jahren bei Volker Lapp absolviert, das viele Reisen in ferne Wüsten und Wildnisse bringt einen automatisch in Kontakt mit Ressourcenschonung und Selbstversorgung (ich hab darüber berichtet), Krav Maga- und Meditations-Training bedeutet immer eine Schulung, den eigenen physischen wie psychischen Kräften zu vertrauen, und die Wildnispädagogik hat sehr viel damit zu tun, sich wieder in die Natur zu integrieren…

…deswegen konnten uns auch nicht die Einschränkungen, die sich erst aus der Coronavirus-Pandemie und dann aus dem Krieg gegen die Ukraine ergaben, erschrecken oder beeindrucken. Wir können schon lange recht weitgehend aus uns heraus leben: Die Stichworte lauten Photovoltaik-Anlage (seit mehr als zehn Jahren), Solarthermie (seit mehr als 20 Jahren), Fußbodenheizung (seit mehr als 20 Jahren), Wärmepumpe (seit kurzem) zum einen, plant-based-diet (schon seit Jahrzehnten, und das auch aus sportlichen Gründen) und Gemüsegartenparzelle außerhalb samt Konservierung (siehe vorstehende Bilder) andererseits. Und, ja, Bitibus wie Land Rover können eine Art Bugout-Vehicle sein. Dabei wohnen wir zwar auf einem Dorf, sind aber ins urbane Umfeld eingebunden. Ben ist da ein paar Schritte weiter.

Mütterliches Eck-Sofa ziert das Familien-Zimmer

Auch wenn ich durchs Krav Maga-Training viel – durchaus positiven! – Kontakt zu Polizei & Militär gehabt habe, so stößt mich machomäßiger Militarismus ab. Die Fähigkeit, sich selbst und andere zu verteidigen, ist eine Sache. Die häufig rechtsradikale Haltung, die die Prepper-Szene an den Tag legt, ist eine abscheuliche andere. Menschen haben sich seit 300.000 Jahren entwickelt, in dem sie Kooperation, Kollaboration und Kommunikation gepflegt haben; dass sie im Austausch von Ideen und Vorstellungen, Techniken und Kultur standen, nicht durch Aus- und Abgrenzung.

Ben erhebt Austausch und Kooperation zum Prinzip, so bastelt er etwa an einem Collapse Laboratory. Das startet Mitte August. Ich war kürzlich vor Ort und habe ein paar Bücher, Betten und ein Sofa aus einer Haushaltsauflösung hingebracht – sozusagen meine Unterstützung fürs Projekt… Aber ab hier lasse ich ihn für sich selbst sprechen:

Homepage: https://www.thebarracks.de/

In den Medien: https://www.thebarracks.de/scrapbook (insbesondere Sächsische Zeitung, Deutsche Welle und The Guardian)

Blog: https://www.thebarracks.de/blog (und hier besonders die Erklärung seiner Position zum Collapse Laboratory)

Instagram: http://instagram.com/thepirateben

Youtube: https://www.youtube.com/@ThePirateBen

Schließlich:

Was??? Nichts über die Schweine? Die endlos fresssüchtigen piggies, deren Futter Bens schmalen Etat auffrisst? Nichts über Fat Tony, Marilyn Monroe und Brunhilde Demagogue? Ach, was es mit denen auf sich hat - liebe Lesende, die ihr bis hierhin durchgehalten habt: Findet es selbst heraus!