Archiv der Kategorie: Wasser

Ankommen / Abfahren – Freude / Wehmut

Die Altstadt Salamancas bleibt unbesucht. Es ist so was von neblig, dass ich zwar nahe ans Stadtzentrum fahre, einen guten Standplatz auf dem Parkplatz einer Schule finde – aber dennoch eine Kehrtwende einlege: Die schöne Altstadt verdient Bewunderung bei Wärme und guter Laune, nicht im neblig-Trüben, Klammen, Kalten.

Schade: Salamanca beherbergt eine altehrwürdige Universität, und als ich vor Jahrzehnten als 16-Jähriger dort vorbeikam, dünkte sie mich als ein traditioneller Ort der Ratio und des Diskurses, und sie gab mir den Glauben an Vernunft und Verstand mit auf den Weg. Ich wäre gerne entlang der Bogengänge gewandelt…

Schöne Stellplätze in Sabugal und Benquerenca

Es geht im – Überraschung – Nebel gen Portugal, dann auf die Landstraße nach Sabugal. Weitere Überraschung: Diese Gegend Portugals gleicht nahezu völlig dem mir vertrauten spanischen Galicien – Granitblöcke, Granitsteine, Mäuerchen aus Granit, sogar die Weinreben ranken sich an Granitstelen, verlassene Häuser, verlassene Dörfer.

Der Stausee bei Sabugal könnte ein schöner Stellplatz sein, aber ihm bleibt nur eine Rast vorbehalten. Immerhin widme ich seinem Ufer eine Gehmeditation. Besser kann man einen Ort nicht in sich aufnehmen. Danach fahre ich nach Benquerenca, auch dort ein attraktiver Womo-Stellplatz, der zur Übernachtung einlädt. Ich zögere. Würde gerne hier bleiben, doch wenn ich weiterfahre, könnte ich es schaffen, vor dem Einbrechen der Dunkelheit in Barril de Alva zu sein – und von dort aus würde es bis zur Atlantikküste nicht mehr fern sein… 

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Island: being comfortable in the uncomfortable!

Tour rund um Island

Tour rund um Island

Von Bakkargedi sind es ein paar Kilometer Piste bis zum Anschluss ans Asphaltband. Ab diesem Punkt ist Egilsstadir an der Ringstraße schnell erreicht. Wenn nicht mehr nur die “Norröna”-Fähre der Smyril-Line Wohnmobil- und Geländewagenfahrer im Hafen Seydisfjördur anlanden lässt, sondern auch  Kreuzfahrtschiffe anlegen, wird es mit der relativen Unberührtheit der in der vergangenen Woche passierten Gegenden um Bakkargedi, Husey, Vopnafjördur, Langanes, Raufarhöfn, Hraunhafnartangi, Kopasker vorbei sein.

Dabei haben uns die Ostfjörde am meisten berührt – gerade weil ihnen spektakuläre Höhepunkte wie all die Gletscher, Wasserfälle, Hot Pots und Geysire fehlen. Weil es raue Küstenlandschaft pur ist – und das genügt. Weil nur wenige Besucher sich auf den Weg machen, das Unspektakuläre zu genießen. Weil Reykjavik mit dem internationalen Flughafen Kevlavik und als Reisebus-Ausgangsort am anderen Ende der Insel liegt.

Trockenfisch-Depot angelegt

In Egilsstadir waren wir zu Beginn der Reise Geld wechseln und einkaufen, und so ist es auch der Treffpunkt für letzte Verrichtungen vor dem Ablegen der “Norröna” – Beate und ich nutzen die letzte Gelegenheit, einen Vorrat an Trockenfisch anzulegen. Wir treffen die beiden anderen ursprünglichen Mitfahrer der Tour, Claudia und Sibylle im Iveco am Bonus-Supermarkt, und Anne und André im IFA an der Tankstelle. Sprit ist in Island und Dänemark teurer als in Deutschland, wir tanken nur soviel nach, dass wir mit den Diesellitern Flensburg erreichen können.

Ein paar Kilometer nach Seydisfjördur, dem eigentlichen Fährhafen, dort sammeln sich Gelände-LKWs-, –wagen-, motorräder, –räder, sowie Pkws und Asphalt-Wohnmobile… wir werden mit zwei anderen deutschen Unimogs an die Seite eingewiesen. Es entwickeln sich Benzingespräche, an denen wir kaum teilnehmen, weil  wir krachlederne Großspurigkeit eher nicht teilen. So wird es auch an Bord der Fähre sein, wo derbe Gesellen bei derber Unterhaltung versuchen, die Biervorräte der “Norröna” in zwei Abenden bei Live-Gitarrenmusik zu tilgen.

"Norröna"-Fähre in ihrem Heimathafen Thorshavn

„Norröna“-Fähre in ihrem Heimathafen Torshavn

 

 

 

Die Fähre legt einen achtstündigen Zwischenstopp in Torshavn auf den Färöer-Inseln ein. Wir nutzen die Zeit für eine kleine Stadtbesichtigung und einen Imbiß: Fish’n’Chips.

Eine mehr als 70jährige Dame mit Krebs wird unser Herz berühren – sie kommt seit vielen Jahren alleine mit ihrem altertümlichen Hymer-Wohnmobil nach Island, jeweils für rund zwei Monate. Island ist ihr Gesundbrunnen, sagt sie. Ihre Überlebensprognose ist die Ärzte überraschend positiv.

Kein Platz für Romantisiererei: Nomaden haben es nicht leicht

An Bord der Fähre sind aber auch einige knorrige Bus-Touristen, die das Handtuch-Liegestuhl-Spiel pflegen; eine Erinnerung daran, dass das freie Vagabundentum auch bedeutet vogelfrei zu sein und von ängstlichen Territorialnaturen weggebissen zu werden. Sich frei zu fühlen und zu bewegen, nur dem eigenen Willen und den eigenen Entscheidungen unterworfen, ist häufig eine Bedrohung für Menschen, die sich in ihrem reduzierten Vollkaskodasein eingerichtet haben. Beide Seiten bezahlen einen Preis für ihren Lebensstil.

Wilde Wikingerin im WInd: Beate

Wilde Wikingerin im WInd: Beate

Bewegung und Veränderung und Unstetigkeit kann man als Bedrohung oder Bereicherung erleben. Oder beides bzw. als zwei Kehrseiten einer Medaille wahrnehmen. Island hat uns mehr als jedes andere Land gelehrt, dass die wahre Natur des Seins im permanenten Wechsel und dauernden Unzuverlässigkeit der Bedingungen liegt. Wetter, Klima, Wind, Wärme, Kälte, sich verändernde Landschaften, sich verändernde Pisten, mögliche Vulkanausbrüche –  in Island lernt man, mit dem klarzukommen, was gerade ist und was gerade möglich ist. Was einem vor die Nase, unter die Füße oder unter die Räder kommt.

Auf den Wetterbericht zu schauen – das haben wir nach einer Weile eingestellt. Wetter ist das, was da draußen vor der Tür des Fahrzeugs ist; nicht das in einer Wetter-App. Man kleidet sich ein, man stattet sich aus am besten mit allen Varianten (außer für 30 Grad im Schatten). Island bedeutet: traumhafte Landschaften und Wachheit und Bereitschaft, sich auf alle Wechselfälle einzustellen und sie zu leben. Being comfortable in the uncomfortable.

Home is where you are

Und daraus kein großes Ding machen, sondern eine Selbstverständlichkeit. Uns hat dieses (Selbst-)Verständnis so sehr gepackt, dass wir den direkten Weg heim scheuten, sondern noch eine freie Übernachtung in der Lüneburger Heide einschoben, und sogar nur einige hundert Meter Luftlinie von unserem Haus auf den Höhen des angrenzenden Hügelkamms noch eine Nacht im Unimog verbrachten.

Home is where you are, hat Jon Kabat-Zinn, Begründer der Mindfulness Based Stress Reduction, gesagt – und obwohl zu meinen Erwerbstätigkeiten die des MBSR-Kursleiters zählt, ist mir diese Aussage vielleicht in Island zum ersten Mal wirklich klar geworden. Wenn wir nach einer Tagesetappe den Unimog anhielten und inne hielten. We are Icelanders!, rufen wir seither, wenn Kälte, Nässe und Wind draußen, Trägheit, Bequemlichkeit und Unlust in uns drohen. Wir können mit allem klarkommen, und wir genießen es.


Update 30.9.2016: Seither haben wir jede Nacht draußen im kleinen Garten unseres Hauses geschlafen. Das Gärtchen ist von außen nicht einsehbar, verfügt über eine kleine, überdachte Terrasse. Dort haben wir aus den Lounge-Sesseln, einer alten Matratze und ein paar Brettern ein Bett gebastelt. Nachts sinken die Temperaturen auf etwa acht Grad, wir liegen und dicken Decken, der Wind weht, die Zweige des Olivenbaumes wiegen sich, die Sterne funkeln oder die Wolken schimmern, Vögel fliegen vorbei oder putzen sich im Teich, die Sonne geht zwischen sechs und sieben Uhr auf, wir werden wach und brechen zu einem halbstündigen Crosslauf über die umliegenden Felder auf.

So sollte es immer sein. In Kontakt mit der Natur, in Kontakt mit uns. „Freiheit…“, hat Konstantin Wecker gesungen, „…des hoaßt ka Angst ham vor nix und niemand“. Danke, Island!

Keine Puffins, dafür nass

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Endspurt in Island: Machen eine lange, wunderschöne  Wanderung entlang der Lava-Sandbänke im Fluss mit vielen Pausen und können Dutzende von  Seehunden in einiger Distanz beobachten. Außerdem gibt es tieffliegende Skuas und einen toten Baby-Seal am Strand. Wir sammeln auch etwas Feuerholz aus Treibholz für zuhause. Und es gibt sehr schönes Heidekraut zu bewundern.

Wandern in Husey nah den Seehundbänken

Wandern in Husey nah den Seehundbänken

Island, sagt man, ist grün, farbenprächtig – das stimmt, aber nur teilweise. Der schwarze Lavasand,die Mondlandschaften aus schwarzen Lavabrocken  im Hochland, samt den grauen Schotterpisten … schwarz-grau ist die häufig dominantere Farbe. Auch wenn das Schwarzgrau immer wieder mit Grün, gar Neon-Grün durchbrochen ist .

André und Anne von Eine Welt Reisen sind mittlerweile mit ihrem IFA auch in Husey eingetroffen; wir trinken zusammen Kaffee und tauschen Neuigkeiten aus, dann setzen wir unsere Fahrt nach Bakkargerdi fort in Hoffnung, doch noch Papageientaucher zu sehen. Die verlassen die Gegend zwar um den 15. August, aber vielleicht haben wir ja Glück?

Eine schöne, angenehme Wegstrecke führt durch das Tal und über die Flüsse, und Bakkargerdi ist recht hübsch samt guter Campsite und sogar einer Beobachtungshütte für Papageientaucher… doch ohne die nämlichen. Alle schon ausgeflogen, das Hütten-Logbuch kündet von der letzten Sichtung eines Puffins Mitte August. Schade, zumal unser Falt-Kajak vom Typ Pakboats Puffin Saranac ist – da hätten wir die Namensgeber doch gerne mal aus der Nähe gesehen.

Völlig durchnässt zum Abschied

Heute heißt es dann mal wieder: Oh – die Sonne ist wieder weg, über Nacht. Gestern Sonnenschein, geradezu strahlendes Wetter, heute Nieselregen und Nebel, Nebel, Nebel, der tief und drohend zwischen den umliegenden Bergen – mit ihren 300 bis 500 Metern Höhe eher Hügel – hängt.

Den letzten ganzen Tag in Island wollen wir nicht im Auto verbringen, also staffieren wir uns Regenwetter-entsprechend aus und marschieren los – zu einer 20 Kilometer-Rundwanderung zur Brunavik-Bucht. Die ist nur zu Fuß erreichbar. Die schaffen wir in fünf Stunden bei 750 Höhenmetern und einem glitschigen schmalen Pfad, der im Tal von den herabfließenden Bächen so gewässert ist, dass Gummistiefel angebracht gewesen wären.

Uns begegnet ein Trio japanischer Touristen, die aus dem Klischeebuch entsprungen sein könnten. Mit  Nike Free-Schuhen oder Sandalen, Baumwoll-Sweatshirts unterwegs merken sie wohl, dass sie unpassend gekleidet sind – aber sie glitschen und rutschen völlig durchnässt weiter voran, dass wir uns fragen, ob es nicht besser wäre, den isländischen Rettungsservice zu informieren. Allerdings ist die Umgebung von Bakkargerdi zwar rau, aber nicht hochalpin… sie können sich eine tüchtige Erkältung holen, vielleicht einen Knöchel verknacksen, aber einer von den dreien sollte es wohl schaffen, zur Straße zurückzukehren, wenn nötig.

Wanderwege bei Bakkargedi

Wanderwege bei Bakkargedi

Wir stoßen jedenfalls nach einigen Stunden wieder auf den Asphalt und marschieren auf der Straße noch ein paar Kilometer zur Campsite. Der letzte Tag hat auf alle Fälle mit einer grandiosen Wanderung abgeschlossen – auch wenn wir so durchnässt sind, dass die ledernen Wanderstiefel drei Tage brauchen, um wieder trocken zu werden.

Selbst der wasserdichte Rucksack aus unserer Antarktis-Tour zeigt Schwächen. Der Unimog-Wohnbereich hängt voller tropfender, nasser, feuchten Klamotten.

Fjord-Kayaken und ein Seehund

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Kayaken bei Svalbardseyri

Wir übernachten nahe der Werkstatt, in der schon die Ersatzteile auf uns warten. Die Truppe dort ist knurrig und des Englischen eingeschränkt, aber ausreichend, kundig. Ein Hüne mit Glatze und Vollbart erklärt, dass es auch ohne Reparatur ginge (was den Getriebeölverlust angeht), ansonsten werden rund 500 Euro für diesen Befund und ein paar kleinere Reparaturen kassiert.

Der Kostenvoranschlag für den kompletten Tausch des Wellendrichtringes im Anstriebsstranges war auch rund 600 Euro kalkuliert – aber: „heavy work“ hat der offensichtlich unlustige Hüne erklärt. Wenn schon die kleinen Reparaturen auf einen halben Tausender hinausgelaufen sind, dann wäre „heavy work“ wohl auf ein paar blaue Riesen rausgelaufen, vermuten wir… das soll dann doch lieber jemand zuhause zu einem günstigeren Stundensatz machen, zumal wir bei einer Reparatur in Akureyri auch noch einen Tag oder mehr verlieren würden.

Akureyri unter Besucher-Andrang

Während der Wartezeit beobachten wir die Touristen-Kolonnen, die das soeben angelegte Niederländisch-US-Amerikanische Kreuzfahrtschiff zu einem Stadt-Besuch verlassen, und gehen selbst in Akureyri frühstücken und shoppen. Die kleine Stadt bzw. ihr Zentrum quillt natürlich von Besuchern über, und mit unseren robusten Unimog-kompatiblen Klamotten fallen wir ein wenig auf. Unter den Kreuzfahrern überwiegen Stöckelschuhe und Rollatoren.

Schließlich fahren wir zu unserem gestrigen Standplatz beim kleinen Leuchtturm zurück und bauen unser im Stauraum mitgeführtes Falt-Kayak unroutiniert und daher zeitraubend zusammen. Als wir es zu Wasser lassen, sind die Luftschläuche nicht fest genug aufgepumpt, die Spritzdecken lose und das Wasser zunehmend kabbelig. Schwimmwesten haben wir keine; dumm genug – daran, dass das Wasser so kalt sein könnte, dass man kaum drin schwimmen kann, sind wir nicht gekommen.

Wir bekommen es nach einer Dreiviertelstunde auf und ab kreuzen vor der Küste des Nordatlantik-Fjords mit der Angst zu tun und kehren um – sind aber stolz, den Versuch gewagt zu haben. Beate hat einen Geistesblitz und findet doch heraus, wie das mit Verdeck und Spritzdecken eigentlich geht.

Später abends hören wir ein typisches Lkw-Geräusch – der Eine Welt Reisen-IFA steht hinter uns, André und Anne fahren eine ähnliche Route wie; so trifft man sich.

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Frühnebel bei Kopasker

Wir haben dann heute lange ausgeschlafen und langsam angehen lassen. Das Kayak – unter den Unimog zum Trocknen gelegt – ist durch den Morgentau wieder nass und muss abgewischt und zusammengelegt werden. Schließlich soll es losgehen, da entdecke ich, dass der Hitzeschutz am Turbolader abgerissen ist… die Reparatur, damit die Schlauchschelle wieder sitzt, dauert eine Weile, weil kleinteilige Fummelei.

Wir kaufen in Akureyri ein, tanken, füllen Frischwasser und die Vorräte auf, und fahren dann Richtun Husavik und darüber hinaus nach Kopasker. Ein Wechsel zwischen Nebel und Sonne, der Blick auf die Küste teils verhangen, teils fantastisch.

Zum Nachmittagspicknick dieseln wir auf eine Landzunge mit Leuchtturm und verzehren den mittlerweile beliebten Trockenfisch und einen weniger beliebten geräucherten Heilbutt zum obligatorischen Anlegerbier. Im Wasser räkelt sich ein Seehund auf einem Felsen und winkt mit den Flossen.

In Kopasker gibt es eine erstaunlich gut ausgestattete Campsite: Eine grasgrüne Standfläche, aber mit geheizter Toilette und unlimitierter Dusche auf asphaltierter Fläche neben nebenan. Da wir ein Problem mit der Chemie-Kassetentoilette haben, sind wir froh, eine Entsorgungsstation gefunden zu haben. Eine freundliche ältere Ortsansässige und ein Junge kassieren die Nutzungsgebühr.

Kopasker erweist sich bei einem Abendspaziergang als nahezu menschenleer und erinnert an eine amerikanische Geisterstadt nach einem Bio-Angriff… alles sieht wie gerade noch genutzt und urplötzlich verlassen aus. Unsere Hochstimmung setzt sich fort: Wir sind alleine unterwegs und bestimmen Weg und Tempo nach eigenem Gutdünken. Eine Wohltat nach der Kilometerfresserei der Wochen zuvor.

Keine Mücken am Mückensee

Myvatn am Morgen

Myvatn am Mittag

Abschied von der Eine Welt Reisen-Gruppe: Sibylle und Claudia im Iveco ziehen gen Westfjorde, Beate und ich gehen ins örtliche Walmuseum und besichtigen noch eine Kirche in Husavik, dann fahren wir zurück nach Reykjadlid am Myvatn. Wir sind nun allein unterwegs, mit einem kränkelnden Fahrzeug, dessen Technik wir nur oberflächlich kundig sind. Die ersten – wenigen und harmlosen – Pistenkilometer ziehen vorüber…

Enttäuschung am Campingplatz bei Reykjadlid: Kein Kayaken erlaubt; das hatten wir eigentlich unbedingt vor, deswegen waren wir zum Myvatn zurückgefahren. Es scheint eine prächtige Sonne, dafür gibt es gar keine Mücken (wie wenige Tage zuvor) und man kann für die Campingplatzgebühr duschen ohne Limit. Also Licht im Dunkel.

Freier Blick zum Myvatn

Auch zeigt sich das Universum von seiner besten Seite: Wir müssen den Unimog ganz am Rand positionieren, was sich im Laufe des Tages und Abends keineswegs als Nach-, sondern vielmehr als Vorteil entpuppt: Tatsächlich füllt sich der Platz mit Zelten und Fahrzeugen zum Bersten in den Abendstunden. Wo wir stehen, genießen wir weiterhin freien Blick zum Myvatn.

Was passiert weiter? Lesen und in der Sonne sitzen und alles ganz ruhig, ein wunderschöner Blick auf See und Sonne. Besprechen die Orientierung und Navigation für die kommenden Tage. So ist man unterwegs, und steht doch still.

Wir lassen uns viel Zeit morgens und verlassen den Campingplatz, der sich schon weitgehend geleert hat, erst gegen 12 Uhr. Tanken, Milch einkaufen (Kaffee ohne Milch und Zucker ist undenkbar, allein mit dieser Koffein-Fett-Kohlenhydrat-Mischung komme ich durch den ganzen Tag), dann die Chemietoilette nach kurzer Suche auf einem benachbarten Campingplatz entleert.

Wir kurven südlich um den Myvatn (die Anfahrt war über die Nordroute verlaufen) – dort finden wir einen wunderbaren Wanderweg inmitten einer bizarren Lava-See-Landschaft bei Höfdi, etwas abgelegen, nicht sonderlich frequentiert. Kleines Picknick, aber den Kaffee haben wir vergessen… Schwarze (Lava-)Sandstrände laden zum Baden ein (wie häufig), aber für Badehose & Bikini ist es denn doch zu kühl. Für uns jedenfalls, auch wenn sich unser Verhältnis zu Wärme und Wetter im Zuge der Island-Reise völlig ändert. We are Icelanders!

Rund um den "Birds Trail" an der Südseite des Myvatn

Rund um den „Birds Trail“ an der Südseite des Myvatn

Einen weiteren Halt legen wir am Birds Trail bei Skutusstadir ein. Wir genießen es sehr, endlich frei zu sein – keine Reiseroute liegt fest, keine Reiseleitung drängelt zum Aufbruch, keine Ziele sind zu erreichen. Nowhere to go. Wir wandern rund um die Pseudo-Krater; in neiner nahe gelegenen Räucherei erwerben wir nach isländischer Art geräucherten Heilbutt und Lachs. Schmeckt lecker, allerdings auch so, als sei der Fisch in einem vollen Aschenbecher mariniert worden.

Standplatz in Svalbardseyri

Standplatz in Svalbardseyri

Vor Akureyri wabert der Nebel im Fjord. Wir finden einen vorübergehenden Standplatz an der Küste bei Svalbardseyri… nahe eines kleinen Leuchtturmes. Ein Kreuzfahrtschiff tutet im Nebel und zieht gespenstisch vorbei. Wir sind für uns.

Spät am Abend ziehen wir noch um – zum gegenüberliegenden Akureyri, wo wir morgen um 8 Uhr einen Termin in der Werkstatt von www.trukkurinn.is haben. Wir nächtigen daher nahe des Werkstatt-Tores im Hafen- und Gewerbegebiet der zweitgrößten Stadt Islands.

That’s Iceland!

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Im Gebiet um Pörsmörk.

Von unserem Übernachtungsplatz nahe eines flachen Flussbettes aus gehen wir einen Canyon mit Bachlauf hoch, um einen kleinen, versteckten Wasserfall zu erreichen. Über den mäandernden Bach führt keine Brücke, wir müssen einen Weg aus Steinen suchen – was sich als schwierig erweist. Leider ist auch dieser Ort kein Geheimtipp mehr, müssen wir erfahren, als eine Busladung Island-Reisender uns folgt und deren Fahrer in Gummistiefeln beginnt, seinen Gästen einen Weg über das kalte Nass zu bauen.

Immerhin lernen wir dabei einen Trick: Statt eine “Brücke” hoch zu bauen, trägt er an geeigneter Stelle ein paar aus dem Wasser ragende Brocken ab, so dass ein Abfluss entsteht. Damit ragen nach einer Weile ein paar andere Brocken umso mehr aus dem Wasser – und so beginnt sich eine “”Brücke” zu formen. Beate und ich haben freilich derweil unseren eigenen Übergang weiter unten gesucht und sind am Abhang entlang auf der anderen Bachseite hochgekrabbelt.

Auf einer Campsite einige Pisten-Kilometer weiter halten wir – Zelte verlieren sich zwischen Bäumen und Sträuchern, Offroad-Busse und erstaunliche “Super-Jeeps” mit ausklappenden Trittsteigen für (Vorsicht! Klischee-Bildung!) dicke US-amerikanische Touristen parken vor der Hütte – auch erstaunlich, dass mancher Fuß-Reisende Lade-Kapazitäten für den Bier-Vorrat hat, der im Bächlein gekühlt wird. Beate und ich wiederum haben als proteinreiches, fettarmes und nahezu kohlenhydratloses Energiefutter für unterwegs den Trockenfisch entdeckt, der sich allerbestens in die von uns praktizierte Ernährungsweise nach der “Warrior Diet” integrieren lässt.

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