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Dreck im Diesel

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Von Telouet nach Marrakesch verläuft quasi die landschaftlich sehr reizvolle Schlussetappe des Fernreiseseminars von eineweltreisen.org. Fantastische Panoramen zuhauf, ebenso in Lehm an die Bergwände gedrückte Dörfer, viele weitgehend verlassen und in Ruinen.

Die gewundene Straße ist zu Beginn sehr schmal, in schlechtem Zustand, teilweise ist gar kein Asphalt mehr vorhanden. Eine Baustelle nach der anderen, und manche davon scheint vergessen worden zu sein. Zerfallene Brücken. Nach rund 20 Kilometern mündet sie auf eine Hauptroute nach Marrakesch ein, danach wird es unruhig. Noch 100 Kilometer.

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Viele marokkanische Transport- und Touristenfahrzeuge haben es eilig und suchen ungeduldig ihr Ziel zu erreichen. Dazwischen großdimensionierte Sattelschlepper und Busse. Überholen und überholt werden. Manchmal wirkt die Dachlast größer als das eigentliche Fahrzeug. Unser Konvoi aus sieben Offroad-Lkw muss überholt werden und überholen. Die vorausfahrenden Fahrzeuge melden per Funk den hinteren, wenn kein Auto entgegenkommt und sie freie Bahn haben.

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Ein Plantagen-Besuch

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Ein Marokkaner arbeitet in Frankreich, dort lernt er eine Frau kennen, die deutlich jünger als die in der Heimat zurück gebliebene Ehefrau ist. Elf Kinder werden auf diese Weise gezeugt, doch der Mann bleibt lieber bei seiner vergleichsweise gut bezahlten Arbeit in Europa. Und dem lukrativen Import-Export-Handel.

Seiner Familie im Heimatland kauft er 15 Hektar Land für Obst- und Gemüseanbau und baut zwei moderne Ställe mit Stromanschlüssen und Wasserverdunstungsanlage für 10.000 Hühner. Seine Söhne sollen sich drum kümmern und ihren Lebensunterhalt auf diese Weise selbstständig auf einer windigen Hochebene im Atlas erwirtschaften.

Der Älteste und damit Familienoberhaupt geht aber lieber als Anstreicher in Libyen arbeiten. Er fühlt sich dort sicher und wird gut bezahlt. Das ist leichter als die mühselige Agrarwirtschaft zuhause. Dattelpalmen und Olivenbäume lässt er von wenigen bezahlten Arbeitern und deren Frauen pflegen; die Mandelbäume gehen ein, weil niemand das rechte Maß zwischen zu viel und zu wenig Wasser zu finden weiß.

Brach liegendes Potenzial

Es gibt eine Wasserversorgung mit einer auf einem Gebäudedach angelegten Zisterne, zu der mit Gas und Diesel betriebene ehemalige Fahrzeugmotoren das Wasser aus Brunnen emporpumpen. Die Sicherheitsvorkehrungen lassen die Besucher aus Deutschland und der Schweiz, darunter einige Techniker, erschaudern.

Der älteste Sohn erklärt, dass er sich kaum um die 15 Hektar kümmere, weil sonst seine anderen Familienmitglieder nur davon profitieren würden. Das Land zu verteilen, geht nicht; es steht ihm als Ältesten alleine zu und er bestimmt, was damit geschieht. Also liegt das Potenzial brach. So sieht marokkanische Realität aus.

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Familien und Fürsten

Blick von der Kasbah auf Telouet

Blick von der Glaoui-Kasbah auf Telouet.

Wir übernachten bei einer Familie, die eine Plantage auf einer Hochebene des Anti-Atlas, irgendwo in der Provinz Quazarzate. Sie bewirten uns morgens mit einem Frühstück und zeigen uns Bewässerungsanlagen für ihren Frucht- und Gemüseanbau. Der ist überwiegend zur Selbstversorgung gedacht. Tatsächlich kommen die Einwohner nicht so recht mit der Algenbildung in ihrem großen Wasser-Auffangbecken klar – und fragen die europäischen Hobbygärtner in der Gruppe um Rat…

Bewässerungsanlage einer Plantage

Bewässerungsanlage einer Plantage.

Guide André von Eine Welt Reisen zeigt uns mit dieser Familie zum dritten Mal während dieser Marokko-Tour, wie tätige (Entwicklungs-)Hilfe vor Ort jenseits von den großen, mittleren und kleinen Organisationen funktionieren kann: Statt anonym für irgendwas zu spenden lieber einen lokalen Kontakt zu knüpfen und lokale Initiativen, Gruppen oder Familien zu unterstützen.

Das war der Fall bei der Berber-Familie bei Midelt gewesen (wo Mitfahrer Hubertus in die Ziegenaufzucht investierte) oder bei der Frauenkooperative in Tissergate (wo man handgewebte und -geknüpfte Teppiche und Taschen erwerben kann). Immer ging es dabei um ein faires Verhältnis – nicht einfach spenden, nicht einfach etwas schenken, sondern etwas erwerben. Menschen nicht zu Bittstellern, sondern zu Herstellern werden zu lassen bzw. sie dabei zu unterstützen, ein von Spenden und Almosen unabhängiges Leben zu führen.

Oder man fragt, was konkret die Familien brauchen können – viel von dem, was wir als Wohlstandsmüll wegwerfen oder entsorgen, hat beispielsweise in Marokko einen enormen Nutz-Wert. Den kann man dann beim nächsten Besuch mitbringen und Menschen geben, die und deren Lebenssituation man kennt. Weiterlesen