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Bei den edlen Wilden – im Riyadh

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Innenhof des Riyadh „Le Sauvage Noble“.

Das Fahrseminar von Eineweltreisen ist für Leute wie uns gedacht: Wer sich ein Allrad-Fernreisemobil angeschafft hat und nun erfahren will, ob Fahrzeug und Fahrer selbst fit für die ganz großen Touren sind. In der Ausschreibung heißt es: „Mit seinen vielseitigen Landschaftsformen eignet sich Marokko hervorragend für einen umfangreichen Praxistest. Finden wir hier doch fast alle Fahrsituationen, die einem auf einer Weltreise begegnen können.“ (siehe: Fernreiseseminar unter reellen Bedingungen.)

Die nächste Fahrsituation, der wir uns stellen müssen, ist eine extreme Geröll-Piste. Mit Betonung auf „extrem“, denn Schotterpisten und Geröllpassagen hatten wir andauernd. Aber was die nächsten Stunden auf dem Weg in Richtung Sahara folgt, zerrt mächtig an Material und Mensch.

Beate im Straßencafé.

Beate im Straßencafé.

Als wir schließlich in Zagora ankommen – einer Stadt am Rande der Sahara – erscheint sie uns fast als Paradies. Kaffee! Cola! (Kein Mensch trinkt sonst Cola, aber eisgekühlt ist es das Getränk nach einer staubigen Rüttelfahrt). Und als das nächste Fahrzeug zur Reparatur muss…

(diesmal ist es der Magirus, der immer noch mit den Schäden aus dem Cirque de Jaffar herumfährt – und er wird natürlich zu der Werkstatt gebracht, die bei unserer Frühjahrstour den Defender repariert hatte)

…nutzen Guide Holger und ich die Gelegenheit zur Gesichts-Säuberung. Ab zum Barbier! Der verrichtet einfühlsam und präzise sein Werk, Kamerafrau Beate hat ihren Spaß – aber die mehr-als-drei-Tages-Bärte von uns setzten der Rasierklinge trotz allen Einschäumens doch einigen Widerstand entgegen. So sahen wir doch etwas gerupft aus.

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Auf dem Markt Tinghirs

IMG 3373 Wenn man die Todra-Schlucht verlässt, folgt alsbald das Städtchen Tinerhir (bzw. Tinghir)… und da müssen wir hin, denn schließlich fährt Reiseleiter André seinen IFA L60 immer noch in einem mit Spanngurten zusammengeflickten und -gehaltenen Fahrerhaus. Und das schon seit zwei Tagen. In Tinerhir soll der gebrochene Bolzen geschweisst werden.

Außerdem: Die Iveco-Reisenden waren gestern nicht so scharf aufs Duschen im Hotel. Warum? Weil sie als einzige eine Dusche an Bord haben, diese täglich nutzen – und nunmehr die ersten sind, deren Wassertank leer ist. Wir wiederum mit dem kleinsten Diesel-Vorrat müssen diese kostbare Flüssigkeit nachtanken – seit wir den Unimog mit seinen 20-22 Litern Verbrauch pro 100 Kilometer haben, verstehen wir die Mad Max-Filme erst richtig. Es kann nur eine Prioritätenliste geben:

1. Wasser
2. Diesel
3. Motoröl

Während der IFA mit seiner Besatzung in einer Werkstatt steht, fahren wir in die Innenstadt und parken unsere voluminösen Gefährte in einer engen Seitenstraße inmitteln all des Gewusels aus Fahrzeugen, Menschen und Tieren. Ein Aufpasser kriegt ein paar Dirham. Weiterlesen

Auf dem Weg zur Todra-Schlucht

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Unimog in der Todra-Schlucht.

Es gibt Tage in unserem Fernreise-Seminar unter reellen Bedingungen, die sind reine Fahr-Tage.

Zur Erinnerung: Wir machen eine Art Expeditionstraining, rund drei Wochen lang. Motto: learning by doing. Es gibt geplante Theorie-Teile, es gibt geplante Praxisteile – wie etwa das Geröllhang-Bergabfahren oder die Flussdurchfahrt; in der Sahara werden wir noch zum Dünenfahren kommen.

Und es gibt die ungeplanten, gleichwohl willkommenen Teile. Die Pannen, die Hindernisse, die erwarteten oder unerwarteten Schwierigkeiten. Eigentlich sind diese das wirkliche Training und die wirklichen Tests für Mensch und Material.

Reiseleiter André freut sich daher über die vielen Probleme, die wir bislang hatten. Das Fernreiseseminar soll auf Solo-Fernreisen vorbereiten, umso besser, wenn es kein Zuckerschlecken und kein Sightseeing in der touristischen Komfortzone ist. Die mentalen Qualitäten der Teilnehmer sind immer noch intakt, das ist für ihn am wichtigsten…

Denn auch mit Durststrecken, Wartephasen, Unbequemlichkeiten oder Enttäuschungen klarzukommen, ist nicht immer einfach. Etwa, wenn man erwartet, in paradiesischer Umgebung romantisch zu übernachten und stattdessen den Parkplatz einer lauten 24-Stunden-Tankstelle irgendwo samt marokkanischem „Truck-Stop“ nutzen muss. Ausblick linkerhand aus dem Fenster: ein rostzerfressener Bagger, rechterhand: Öllache.

Und so können auch reine Fahr-Tage, bei dem man nur „Strecke macht“ an den Nerven zehren. Durch die Pannen sind wir aber unserem Zeitplan weit hinterher und müssen so schnell so weit fahren, wie die Gelände-Lkws es auf Asphaltstraßen möglich machen.

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Landwirtschaft im Hohen Atlas.

Wir brettern folglich durch den Hohen Atlas, vorbei an Feldern. Unterwegs verengt ein liegen gebliebener Uralt-Ford Transit die Straße, wir müssen stehen bleiben. Die zahllosen Insassen des Transporters stehen auf der Straße herum, ratlos. Da wir ohnehin anhalten müssen, fragt unser Dolmetscher Jamil, was los ist und erfährt, dass denen der Sprit ausgegangen ist. Weiterlesen

Reparatur. Verletzten-Versorgung. Film-Abend.

Warten während der Reparatur.

Warten während der Reparatur.

Die Abfahrt heute morgen ist nach 200 Metern zu Ende, das Führerhaus des L60 ist verzogen und muss gerichtet werden. André war gestern im Dunkeln in der Schlucht irgendwo dagegen geknallt – und heute muss er feststellen, dass am nach vorne klappbaren Führerhaus des IFA ein Bolzen gebrochen ist.

Folge: Der IFA lässt sich mehr schalten, denn das Führerhaus wackelt und rutscht  und klemmt so den nach unten ins Getriebe ragenden Schalthebel ein. Der Führungs-Lkw ist zum zweiten Mal lahmgelegt. Und wir lernen, dass bei Fern-Reisen fernab touristisch ausgetretener Pfade andauernd etwas kaputt geht. Vor allem bei Fahrzeugen, die rund 30 Jahre alt sind.

Andererseits: Bei IFA und Unimog kann man noch etwas selbst reparieren oder einen Dorf-Schmied und -schweißer finden, der ein fehlendes Teil basteln kann. Der 160.000 Euro teure Iveco voller Elektronik ist zwar niegelnagelneu und macht alles überraschend klaglos mit. Aber wehe, wenn da ein Steuerteil ausfällt…

André versucht, den Lkw über größere Steine zu manövrieren in der Hoffnung, dass das Führerhaus durch den Ruck wieder einrastet. Vergebens. Am IFA wird schließlich unter Einsatz aller greifbaren Gurte gewerkelt und schließlich das Fahrerhaus regelrecht festgezurrt (auch dieses Provisorium wird erstaunlich lange halten – und halten müssen).

Verletztenversorgung unterwegs

Wir verlassen den Cirque de Jaffar über eine schmale Offroad-Serpentine nahe am Abgrund – für Beifahrerinnen ohne Schwindelfreiheit, dafür mit Höhenangst, ein Alptraum. Weiterlesen

Nichts ist unmöglich: Cirque de Jaffar

Schufterei im Cirque de Jaffar.

Schufterei im Cirque de Jaffar.

Der heutige Tag glänzt mit weiteren Highlights… In der Nähe der Jaffar-Schlucht ließen uns die Guides erst einmal – nach vorheriger Begehung und Einweisung (merke die alleroberste Regel: Geländefahren = langsam fahren) eine abschüssige, rutschige Geröllstrecke mit den Fahrzeugen hinunter kriechen. Kein Problem für den „hochgeländegängigen“ (Herstellerwerbung) Unimog, der die Piste gemütlich im dritten Gang hinabtuckert und eigentlich dem Fahrer mit seiner enormen Fähigkeit, sehr langsam, sehr stabil und sehr kräftig zu fahren, alles abnimmt. Na ja, das Ding ist ja auch eigentlich so eine Art großer Traktor.

Das war denn aber nur eine Vorübung für Fahrer wie Fahrzeug. Reiseleiter André hatte sich in den Kopf gesetzt, die Cirque de Jaffar-Schlucht mit den Lkw’s zu durchfahren – und die ist eng, voller Felsen, Überhänge, Kanten, Steine, Geröll. Man kann durchlaufen, auch mit einem Cross-Motorrad durchfahren; für einen Land Rover sind ein paar der engen Passagen machbar, nicht aber die Felsbrocken.

Befestigen des Bergegurtes.

Befestigen des Bergegurtes.

Wandergruppen, die wie später trafen, fragten uns fassungslos, wie wir die Lkw’s da durch gekriegt hätten: Das sei doch unmöglich! Wir kannten die Schlucht vom Frühjahr her; da waren wir ja schon mit dem 90er Defender in Marokko gewesen, hatten die Schlucht aber nur durchwandert und wären garantiert der gleichen Meinung gewesen. Weiterlesen

Der Ziegenkauf

Nach dem Abenteuer mit den versagenden Bremsen geht es dann weiter in Richtung Nordosten. Mittags eine Rast mit Tee (oder Cola) und Brot auf dem Hochland bei El Kbab…

Weiter geht’s nach Midelt und darüber hinaus, wo wir bei der Nomaden-Familie Station machen, die wir schon im Frühjahr besucht haben. Sie wohnen wieder mit ihren Tieren in dem großen schwarzen Zelt. Iveco-Fahrer Hubertus steigt bei dieser Gelegenheit spontan ins deutsch-marokkanische Ziegenaufzuchtsgeschäft ein.

Die Entwicklungshilfe der individuellen Art sieht so aus: Hubertus erwirbt zehn Ziegen für 600 Euro, die die Nomadenfamilie aufzieht. Vom Gewinn bekommt Hubertus 50 Prozent. Bei Verlust der zehn Ziegen, bevor sie gewinnträchtig veräußert werden können, bekommt Hubertus 50 Prozent seiner Investition ersetzt. Die Geschäftsbeziehung wird per Vertrag auf einem Zettel, per Video, per Handschlag, sowohl auf deutsch wie auf arabisch/berberisch besiegelt und dokumentiert. Dolmetscher Jamil fungiert als Zeuge und Quasi-Treuhänder.