Archiv der Kategorie: Land

Wechselndes Wetter und Wellblechpisten

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Doppel-Regenbogen nahe des Öskjuvatn.

Der Öskjuvatn (vatn = See) liegt im Askja-Gebiet besteht er quasi aus zweien: Einem großen klaren, kalten, und einem kleinen, weißlich-trüben, warmen, in dem manch Besucher badet. Die Geothermie Islands sorgt für viele “Hot Pots”, große wie kleine, natürlich belassene oder in Schwimmbäder integrierte, die der minimalistisch Reisende zur gelegentlichen Ganzkörperwaschung nutzen kann.

Hier im Hochland erwartet einen ein Farbspiel der Steine und Gesteine und der Regenbogen. Das Wetter kann sich jederzeit ändern, das erfahren wir in diesen Stunden nur zu deutlich: Wir laufen im Sonnenschein zur Erkundung des Gebietes los – und kommen in Nebel und Regen zurück zu unseren Fahrzeugen.

Wie vorstehend zu sehen, werden wir beim unvermittelt einsetzenden Regen mit gleich zwei Regenbögen belohnt, dann wird es düster und nass – in Island ist man gut beraten, bei jedem auch noch so kurzen Ausflug wetterfeste Klamotten nebst Energieriegel und heißem Tee in einen Tagesrucksack zu packen, selbst wenn beim Start die Sonne strahlt und kaum oder keine Wolken in Sicht sind.

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Mondlandschaften aus Lava und Eis

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Tiefe Erdspalte am Staudamm.

Viele Offroad-Lkws, so hat André von Eine Welt Reisen gesagt, werden zwar mit allem Ausstattungs- und Ausrüstungs-Schnickschnack ausgestattet – aber in Island fahren sie dann doch häufig nur auf der asphaltierten Ringstraße (oder auf ihren Abzweigen) zusammen mit ganz normalen Wohnmobilen und den großen Reisebussen. Ins Hochland würden sie sich nicht trauen…

Wir besichtigen einen Staudamm, der mit enormen Aufwand errichtet wurde und dessen Stromleitungen nicht weniger aufwändig unterirdisch verlegt und an die Küste geführt wurden. Natur, sonst so heilig, wurde da der Energieproduktion für eine Aluminium-Hütte an der Küste geopfert. Auf der anderen Seite der Staumauer ist eine imposante Felsspalte zu sehen – ursprünglich vom nunmehr gestauten Fluss geschaffen, und möglicherweise durch ein Erdbeben irgendwann weit aufgerissen (siehe vorstehendes Bild).

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Lava-Landschaft im isländischen Hochland.

Dann verlassen wir den Asphalt, lassen Luft aus in den Reifen und biegen auf eine der üblichen Landesstraßen Islands ein – eine der vielen, eher mehr als weniger üblen, Schotterpisten. Erste endlos scheinbare Lavalandschaften ziehen an uns, manchmal im Schritttempo, vorbei – so langsam manvövrieren wir unsere Fahrzeuge über die schlaglochreichen gravel roads des Hochlandes oberhalb des Vatnajökull.

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Keine freie Fahrt für freie Bürger in Island

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An Bord der “Norröna” der Smyril-Line nach Island: Kaffee, Sonne, Wind.

Den 2. und 3. August verbringen wir auf der Fähre der isländischen Smyril Line – kein Vergleich zu den spartanischen Marokko-Fähren der italienischen Grimaldi Line (die sind allerdings auch erheblich günstiger). Das Wetter ist nicht schlecht, Cafès, Bars und Restaurants an Bord angenehm und bequem. Im Gegensatz zum Trip von Genua nach Tanger allerdings muss man an Deck dick angezogen sein. Auch wenn es eine Sonne am Himmel gibt.

Reden, lesen, schreiben: Das Team von Tour-Organisator Eine Welt Reisen, Anne Stark und André Schwartz samt den Kindern Frieda und Elisa, mit ihrem IFA-Gelände-Lkw sind dabei, und zwei Frankfurterinnen mit einem nagelneuen Iveco.

Einen Zwischenstopp gibt es auf den Färöer-Inseln, die angeblich meist von düsteren Wolken und grauem Nebel eingehüllt sind – während in Island das Wetter sehr wendisch eingestellt ist. Solche Fährtage sind eigentlich nie langweilig – weil letztlich von Vor-Freude und Vor-Bereitung geprägt, und dem Treffen von Gleichgesinnten, die mit Mountain-Bikes, Enduros, Land Rovern, Unimogs etc. unterwegs sind. Freudige Spannung prägt die Stimmung.

Kein off-road beim Offroad-Fahren

Nach dem Ausschiffen heute morgen sind wir erst mal nach Egilsstadir gefahren, um Geld zu wechseln, zu tanken und einzukaufen. Denn man darf nur drei Kilogramm Essens-Vorräte mit sich führen, und auch nur maximal 200 Liter Sprit. Island ist nicht das Land der großen Freiheit – die Pistennutzung innerhalb wie außerhalb der Nationalparks ist streng reglementiert. Auch zu Ausweichmanövern bei entgegen kommenden Fahrzeugen darf man sie nicht verlassen. Tut man es doch, kann das teuer werden – oder bei der nächsten Einreise zu Schwierigkeiten führen. Und die Park Ranger lassen kaum mit sich reden.

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Eine Nacht am Strand von Hirtshals

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Ankunft in Hirtshals: Beate schwenkt das Anlegerbier

Wir haben es uns zur Regel gemacht, dass wir versuchen, noch am Vorabend einer Reise-Abfahrt in die Gänge zu kommen. Soll heißen: Die Erfahrung sagt, dass man bei einem morgendlichen Aufbruch doch immer deutlich länger als geplant braucht, bis es endlich losgeht.

Fährt man bereits abends ab – und wenn man dann nur 100 Kilometer schafft, bis es Zeit wird zu schlafen – so ist man doch unterwegs und verzettelt sich nicht mehr in diesen oder jenen wichtigen oder unwichtigen Erledigungen.

Es geht los – nach Island

Also sind haben wir am vergangenen Samstag noch nach 23 Uhr “den Riemen auf die Orgel gelegt”, also den Unimog gestartet – und mussten gleich mal noch im Heimatort eine Kehrtwendung hinlegen: Die Personalpapiere hatten wir dabei, nicht aber die Fährtickets für unseren Trip nach Island. Übernachtet haben wir dann an Autobahn-Raststätte. Auch wenn das wenig romantisch ist, so ist doch das “Es-geht-los”-Gefühl stark. Am Sonntag sind wir zügig gen Norden unterwegs gewesen, was ein 30 Jahre alter Unimog so an Topspeed hergibt: 80 km/h.

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Sonnenanbeter und Spießbürger

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Man sieht sich irgendwann bestimm irgendwo einmal, hat Gandolf bei seiner Abfahrt  gesagt, und dafür, dass es eine kurze Begegnung war, war es eine sehr rührende Verabschiedung am Dienstag.

Mittwoch morgen frühstückte eine Nilgänse-Familie Schräg gegenüber, und der See blieb tatsächlich bis in den späten  Vormittag still und von weiteren Besuchern verschont. Ein paar Besucher waren nett, besonders eine hübsche, junge Dame, die sich als Australien- und Neuseeland-Reisende entpuppte und die sich für das Innenleben des Unimog interessierte ebenso wie eine muntere Jonglier-Truppe aus zwei agilen älteren Damen und drei jungen Leute, die mit Diabolos, Hula-Reifen und Frisbees in der Sonne spielten.

Besuch bei Schlittenhunden

Später ein paar Rocker, die ihre Harleys im Schatten des Unimog parken wollten – und ganz freundlich abzogen, als ich erklärte, gleich ausparken zu müssen… Am See kommt offensichtlich eine sehr bunte, gut gelaunte und lockere Gemeinde aus ganz verschiedenen Typen zusammen.

Ich bin noch eine Runde schwimmen gegangen, bevor ich begann, zusammen zu packen. Dann habe ich mich auf den Weg nach Neuhof-Hauswurz gemacht, wo Peter Tesch mit Frau Petra und 38 Schlittenhunden zusammen lebt. Die wollte ich unbedingt mal wieder sehen und streicheln – und wer mal eine tolle Tour mit diesen lauffreudigen Viechern machen will, ob in der Rhön oder in  Schweden, der soll sich mal www.husky-tours.net ansehen! Der Peter ist ein absoluter Profi auf seinem Gebiet.

Grünimog in Spießbürgers Schrebergarten

Donnerstag bin ich mit Beate dann nach Köln gefahren – sie absolviert dort eine Fortbildung in schamanistischen Techniken (obwohl sie ja eigentlich der chinesischen Medizin verhaftet ist; aber schadet ja nichts, mal über den Tellerrand hinauszusehen) und so haben wir den Abend mit einer schönen Feuerzeremonie am Rhein-Ufer verbracht: Gesungen, gerasselt und einen Ritus vollzogen.

Krasser Gegensatz zu all dem ist der Campingplatz, auf dem wir notgedrungen Quartier bezogen haben, weil der Unimog mal wieder ordentlich Strom laden muss. Spießbürgers Schrebergarten – nein, der Grünimog steht als absoluter Exot inmitten all dieser sauberen, eingehen Biederkeit da rum. Wird mir ein Rätsel bleiben, warum es die Leute in die Natur zieht, aber nur unter Wahrung des heimischen Wohn-Standards und des Satelliten-TV. 

Trailrunner und Hippies

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Mit der Sonne ins Bett gehen und mit ihr aufstehen, ist ein schöner Anspruch – und bei dem bleibt es auch meist; selbst wenn fürs Meditieren die Zeit zwischen und fünf Uhr quasi als Goldenen Stunde gilt. So auch am Montag: Pott Kaffee im Bett beim Lesen war mir lieber.

Wenn der Geist eine Weile gearbeitet hat, verlangt der Körper nach Betätigung und so bin ich anschließend zum Trailrun aufgebrochen – den Wanderweg von vorgestern gegen den Uhrzeigersinn, also mehr als drei Kilometer steiler Anstieg ohne die Möglichkeit sich einzulaufen… samt Rucksack mit Not-Essen & Trinken, Not-Erste Hilfe-Set, Fleece-Pulli, Regenschutz und dem universellsten und wichtigsten aller Hilfsmittel: das gute alte Palästinenser-Tuch, heute “Shemag” genannt: Schal, Kopfbedeckung, Decke, Handtuch, Mücken- und Zeckenschutz.

Trailrun zur Wasserkuppe

Auf der Wasserkuppe kurze Rast, dann abwärts zurück – und das Runterllaufen ist nicht per se leichter als das Hochlaufen. Die antagonistische Muskulatur ist überrascht, Knie und Knöchel ächzen, und während es hoch auf einem breiten Schotterweg ging, laufe ich runter auf einem steinigen, teilweise glitschigen Trampelpfad.

Am Guckaisee wieder angekommen der Höhepunkt: Schwimmen im 16 Grad kalten Wasser! Direkt mit den Lauf-, sprich: Funktionsklamotten hinein, ein paar Brustzüge, dann eine Weile Kraul, – wenn man drin ist, ist’s gar nicht so kalt – dann auf dem hölzernen Badesteg in nassen Klamotten alleine in der Sonne liegen. Alles gut.

Die digitale Technik hat ihren Preis

Auf dem Weg in die nicht allzu weit gelegene Rhön-Kommune Bischofsheim führt mich mein Lkw- und Womo-Navi, dem ich sicherheitshalber noch mal die Außenmaße meines Fahrzeuges eingegeben habe (600x230x360) zielsicher auf eine schmale Überlandstraße, die einer Baustelle endet. Und danach in die Bischofsheimer Altstadt, die zwar keinen Torbogen aufweist, wohl aber stehen die Häuser teilweise so eng, dass ich fürchte, der übers Fahrgestell herausstehende Wohnkoffer könnte die Schindeln von den Mauern kratzen…

Auch wird die Stellplatz-Suche nicht immer vom schönsten aller erreichbaren Orte geprägt – sondern auch von pragmatischen Überlegungen (Nähe zum Waschsalon) oder auch: Auf den schönen Wald-Parkplatz muss man verzichten, weil die Bäume die Solar-Panels verdecken und daher muss eine Freifläche gesucht werden, wo die Sonne voll auf das Dach des Unimog herabbrennen kann. Die digitale Technik fordert Strom!

Stille: unbezahlbar

Daher steht der Unimog nunmehr mutterseelenallein auf weiter Flur vor dem Gasthof Roth am Kreuzberg und ich genieße Sonne pur und die Aussicht. Mal sehen, ob ich einen Sonnenbrand bekomme und um wieviel Prozent die Batterien in wieviel Stunden nachgeladen sind. Der Stellplatz ist sein Geld – sechs Euro pro 24 Stunden, kein Strom, kein Wifi, keine Ent- und Versorgung – wert. Die sechs Euro werden verrechnet, wenn man im Gasthof zu Abend isst oder frühstückt.

Der Besitzer des Gasthofes (…. www.berggasthof-roth.de … ) joggt mit 5kg-Rucksack vorbei und zum Kreuzberg hoch – siehe da, ein Gleichgesinnter. Er erzählt, dass es den großen Stellplatz mit schönem Ausblick erst seit Anfang des Jahres gibt. Wir sehen einen tollen Sonnenuntergang – ohne Wind, was selten ist, wie der Besitzer betont. Kein Flirren in der Luft. Nachdem der letzte Klosterbesucher herabgefahren ist, herrscht Ruhe: “Diese Stille”, sagt er, “ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen”.

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Ich kehre am Dienstag Mittag zum Pfordter See zurück, mir ist nach Berg nach Wasser zumute. Dort herrscht mittlerweile – die Ferien haben begonnen – reger Bade- und Besucherbetrieb. Allerdings kein Vergleich zum Langener Waldsee etwa… Gandolf – dem Äußeren nach, was die meisten Durchschnittsbürger als “Hippie” bezeichnen würden, parkt mit seinem VW Bus immer noch an der Stelle, an der er schon vergangenen Freitag stand. Ich manövriere den Grünimog wieder neben ihn.

Zurück aus Istrien, meint er, diene ihm der Pfordter See als Eingewöhnung auf die Verhältnisse zurück in der deutschen Zivilisation. Er brauche eigentlich Weite um sich und über sich… und klappere ein paar deutsche Festivals (etwa www.tropen-tango.de) ab, bevor er sich im Herbst auf den Weg nach Portugal mache, um den Winter auf den Kanaren zu verbringen.

Was Freiheit und was Büroarbeit aus einem macht

Gandolf ist groß gewachsen, muskulös, braungebrannt, lange Haare und sorgfältig geschnittener Bart, bewegt sich drahtig und mit guter Körperspannung, aber sehr ruhig und sehr zentriert, in sich ruhend. Die Mehrzahl der Badegäste am See – keine “Hippies”, sondern “Normalos”, sind weiß, fett, unbeweglich, träge, schlaff…

Er kommt mit sehr wenig aus und ist mit wenig zufrieden. Was er braucht, ist Weite und Wärme. Kein Geld, keine Besitztümer. Keine digitaler Schnickschnack, keine Kompensation durch die letzten Gimmicks und Moden. Selbst der VW LT ist ihm beinahe zu viel, meint er.

Ich kraule 500 Meter im See. Wenn ich ein role model hier am See suchen würde, wäre es der “Hippie”.