Archiv der Kategorie: Land

Die Katharer-Burg

Grünimog am Col de Montsegur

Was das Reisen mit dem Grünimog zur Freude macht, ist die eigentlich permanente gegenteilige Erfahrung zu derjenigen vor wenigen Tagen in Freiburg (siehe: Grünologie und Ökologie): Viele Menschen treten neugierig bis begeistert an das Fahrzeug, unterwegs sehen wir viele „Daumen hoch“-Zeichen vom Straßenrand oder in überholenden Fahrzeugen.

Dabei bilden wir meist das Hindernis auf der Landstraße. Wir genießen freien Blick nach vorne, hinter uns entsteht ein Stau: Wir sind mit 70 bis 80 km/h unterwegs, mehr geht nicht. Aber der Sympathie-Bonus ist offensichtlich so groß, dass niemand schimpft.

Nachdem wir Freiburg verlassen haben, schlagen wir ab Mulhouse in Frankreiche eine Route ein, die uns möglichst mautfrei gen östliche Pyrenäen bringt. Das trägt uns natürlich zwei Übernachtungen auf Lkw-Rastplätzen ein – die erste war schlecht gewählt, weil zu nahe an der Straße und daher zu laut, die zweite ein Glücksgriff, weil nahezu idyllisch gelegen, und wir waren während der Nacht nahezu allein.

Um schließlich Toulouse zu umfahren, wechseln wir kurz auf die Autobahn (14,90 €), dann säumen wieder unendliche Sonnenblumenfelder die Landstraße. Mautfreie französische Nationalstraßen sind gut ausgebaut, und bei einem Fahrzeug mit 80 km/h Spitzengeschwindigkeit spielt es keine Rolle, ob es die auf einer Autobahn oder einer autobahnähnlichen Landstraße mühsam erreicht. Ortsdurchfahrten und die häufigen Kreisverkehre indes halten auf und nerven.

Katharer: mittelalterliche minimalistische Christen

Unser Ziel ist Ruine einer Katharer-Burg aus dem Mittelalter in Montsegur. Auf dem Pass parken wir neben einem konventionellen Wohnmobil, dessen junge Familie lässt sich begeistert den Unimog von außen und innen zeigen und gibt uns noch ein paar Tipps für die Weiterfahrt. Au revoir!

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Grünologie und Ökologie

Brasilianische Band beim Hochzeits-Fest


Freud‘ und Leid liegen, so sagt der Volksmund banal, nah beieinander. Bevor wir zu unserer Pyrenäen-Tour aufbrachen, besuchten wir am vergangenen Samstag zwei unserer Island-Mitfahrer – Claudia und Sibylle begingen ihren 20. Hochzeitstag mit einem schönen Fest im Wirtshaus Reichsbachtal, am Falkenstein im Taunus.

Auf der direkten Weiterfahrt einen Tag darauf besuchten wir eine Freundin und Quasi-Kollegin von Beate, bei der man sowohl zufällig wie kürzlich vier Tumor-Metastasen im Kopf gefunden hat, und den eigentlich dazugehörigen Primärtumor nicht. Die Bestrahlung beginnt bald, doch wie man sich mit einer solchen Diagnose fühlt, vermögen Worte nicht zu beschreiben. Meine jedenfalls nicht.

Rast im „Süden“

Nachdem wir uns verabschiedet hatten und unser siebeneinhalb Tonnen schweres Ungetüm wieder aus den engen und zugeparkten Wohnstrassen der Mannheimer Gartenstadt bugsiert hatten, lenkte ich den Unimog gen Süden, gen Freiburg. Dort parkten wir das Fahrzeug mit H-Kennzeichen im grünologischen Stadtteil Vauban nahe des Retaurants „Süden“, in dem ich während meiner Ausbildung zum MBSR-Kursleiter einige Essens-Zeit verbracht hatte.

Um die Ecke wohnen einige alternative Fuzzies und stehen auch einige schräge Wohn-Fahrzeuge rum, was mich zu der – irrigen – Annahme veranlasste, der Grünimog würde nicht anecken.

Öko-Oberlehrerin in Freiburg

Weit gefehlt, nach dem Parken belehrte uns eine Dame in oberlehrerhafter Manier, dass unser Fahrzeug ja zwei Parkplätze belege (wen wundert’s bei sechs Meter Länge; außerdem gab’s genügend freie andere), warum wir denn nicht mit dem ÖPNV oder wenigstens mit einem kleineren Auto gekommen seien.

Dass wir ja nur auf der Durchreise waren, interessierte sie wohl weniger. In Freiburg, das Gefühl beschlich mich schon früher, wird man leicht mal angeranzt, wenn man nicht grün-ökologischen Puritanismus praktiziert.

Ressourcensparendes Reisen

Dass wir unseren Strom mit Hilfe der Solarmodule auf dem Dach autark produzieren, dass wir angesichts beschränkter Gas- und Wasservorräte an Bord sehr ressourcensparend unterwegs sind (etwa unser Wasser häufig doppelt und dreifach nutzen, bevor es den Abwassertank verläßt), dass wir generell mit allen Materialien weiter- und wiederverwendend umgehen, dass wir angesichts beschränkter Ladekapazitäten auch in Sachen Kleidung und Ausrüstung minimalistisch unterwegs sind…

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Coyote Mentoring: Pflanzen & Heilige Jagd

Wandspruch in der Jugendherberge

Der Wandspruch ist in der Jugendherberge Hoherodskopf im Eingangsbereich zu lesen – und könnte es ein besseres Motto für die Ausbildung zum Wildnispädagogen geben, die Beate und ich derzeit durchlaufen?

Zum dritten Modul haben sich die rund zwei Dutzend Teilnehmer, ganz überwiegend im Rhein-Main-Gebiet ansässig, am vergangenen Freitag auf der höchsten Erhebung des Vogelsberges eingefunden – bei frischem Wind, Wolken und bestenfalls 22 Grad Celcius. Für die Tunesien-Fraktion schon ziemlich kalt, für die Island-Fraktion gerade so erträglich…

Mit zwei großen (und einigen kleineren) Themen haben wir uns beschäftigt, und bevor ich diese kurz schildere, sei vorangestellt, dass es sich beim Konzept des Wildnispädagogen nach Art des „Coyote Mentorings“ nicht um eine Variante von Waldpädagogik, Umweltpädagogik, Erlebnispädagogik oder Bushcraft, Survival oder Waldbiologie etc. handelt.

Elemente von all dem mögen in der Wildnispädagogik vorkommen, doch ist deren Ziel keineswegs das Herunterbeten von Faktenwissen zu Fauna und Flora nach Art eines zweibeinigen Lexikons; und auch nicht auf Rüdiger Nehbergs Spuren zu wandeln. Ein Wildnispädagoge ist kein Biologie-Lehrer.  Er ist kein Survival-Spezialist. Er will vielmehr lebendige Natur-Verbindungen zu schaffen.

Ein Wildnispädagoge ist kein Biologie-Lehrer

Er will geistig-seelische wie auch körperliche Nähe samt Verständnis und Wahrnehmung zur Natur herzustellen bzw. andere dies zu vermitteln und sie auf dem Weg dorthin zu begleiten. Dazu dienen vorrangig Riten und Zeremonien (wie das Räuchern, neudeutsch: smudgen) , Techniken und Haltungen aus dem indianisch-indigenen Bereich Nordamerikas (ohne den Bezug zu ähnlichen Ansätzen in Europa oder Afrika zu verlieren).

Lexikalisches Wissen ist nicht verpönt, sondern nützlich, aber der erste Schritt besteht darin, das Lebewesen – ob Tier oder Pflanze – wahrzunehmen, und den Kontext, in dem es existiert, zu verstehen. Oder den Kontext, den es schafft. Wie sich seine Existenz auf all die anderen Existenzen im Wald auswirkt – und umgekehrt.

Verbundenheit mit allen Wesen

Es geht um die Wechselbeziehung und Verbundenheit aller Wesen untereinander: Wem ist schon bewusst, das Pflanzen und Tiere (inkl. Menschen) in fast symbiotischer Beziehung zueinander stehen? Was die einen ausatmen dient dem Einatmen der anderen…

Darauf hin mag man dann ein Fährtenlese- oder ein Pflanzenbestimmungsbuch in die Hand nehmen und sich präzisere Kenntnis aneignen – aber das geschieht dann auf Basis natürlicher Neugier und dem intrinsisch motivierten Interesse, sich die entsprechenden Informationen anzueignen. Man eignet sich etwa Bushcraft-Kenntnisse an, um den Widrigkeiten der Wildnis, dem Wetter zu trotzen – weil man bei allen Gelegenheiten draußen sein will.

Mit Pflanzen flüstern

Wenn wir uns also am vergangenen Wochenende mit dem Thema „Pflanzen“ beschäftigt haben, dann eben um erste Herangehensweisen zu erlernen: Einfache Raster, Pflanzen zu bestimmen und herauszufinden, welche Pflanzen man (weltweit!) als Unterwegs- oder Notnahrung essen kann; aus welchen Pflanzen bzw. deren Bestandteilen man wie einfache Schnüre herstellen kann.

Einfache Raster, welche Pflanzen als Heilmittel dienen können. Wie man mit ihnen – auch spirituell („Erkläre den Pflanzenleuten, warum du sie brauchst“…“Nimm nur das, was du wirklich brauchst“…“Häufe keine Vorräte auf“) – umgeht, um ihre Heilwirkung nutzen zu können.

Wurfholz

Wurfhölzer

Das gilt gleichermaßen für die Prinzipien der „Heiligen Jagd“ und dem selbstständigen Bau des ältesten Jagdwerkzeuges der Geschichte – dem Wurfholz (und entsprechenden Wurf-Übungen). Da geht es um das innere Verständnis dafür, was man der Natur entnimmt bzw. was sie bereit ist, einem zu geben – und in welcher innerer Haltung dazu man sein sollte.

Auf dieser Basis kann man dann herangehen, seine Fertigkeiten und Fähigkeiten auszubauen. Und das geht langsam – natürliche Prozesse, in denen man Wissen und Können tief erwirbt, gehen nahezu immer langsam. Coyote Mentoring bedeutet, sich intensiv den Kernroutinen zu widmen: Wie dem Sitzplatz, dem Umherstreifen, dem Imitieren,…

 

Zum dritten Mal auf der Allradmesse

Grünimog mit Wandbild-Markise

Das Wandbild des Krav Maga Centers Frankfurt als Markise am Grünimog


Einmal mehr im Fernsehen – zuletzt waren wir ja in einem französischen Spartensender zum Weinbau zu sehen gewesen (siehe Beitrag Weinprobe fürs französische Fernsehen). Tatsächlich muss es heißen: „einmal mehr gefilmt„, denn die tschechische Crew von turas.tv, die uns besucht hat, produziert (Video-)Filme für dieses E-Magazin rund um Camping-, 4×4- und Outdoor-Aktivitäten.

Wie so häufig, fungierte unser Grünimog als Kontaktbühne: Leute bleiben stehen, manche nähern sich und ein Gespräch beginnt – und dreht sich natürlich meist um unser 37 Jahre altes Fahrzeug aus Bundeswehr-Beständen; wo wir damit waren, was wir damit vorhaben, ob wir darin wohnen u.ä. So auch im Falle der netten tschechischen Interviewerin, die uns auf der wohl weltgrößten Offroad-Messe, der Abenteuer & Allrad in Bad Kissingen bat, ihr doch ein paar Sätze zu unseren Plänen und Perspektiven in die Kamera zu sprechen.

Nomadenleben statt Eigenheimidylle

Sie selbst, meinte sie, müsse noch rund zwei Jahre warten, bis sie auf große Fahrt gehen könne – so lange müsse sie sich noch ihren Kindern widmen. Aber sie begeistert sich für Leute, die das modernen Nomadenleben der Eigenheimidylle vorziehen. Wir erzählten von unseren Fahrten nach Portugal, Marokko und Island, und bestätigten der Dame: Bei all dem geht es ums Reisen, gewiss. Aber mehr noch: um Freiheit.

Vergangenen Mittwoch waren wir auf der „Abenteuer & Allrad“ eingetroffen, hatten mit Müh‘ und Not noch einen Stellplatz für unser sechs Meter langes Fahrzeug nahe der Saale gefunden – und das obwohl der Veranstalter jedes Jahr aufs Neue inständig darum bittet, nicht vor Mittwoch Nachmittag anzureisen. Die ersten Fahrzeuge werden sich wohl schon dienstags auf der Camp Area eingerichtet haben – wer jedenfalls am donnerstäglichen Feiertag eintraf, hatte nur bei einem kleineren Fahrzeug noch eine Chance, sich irgendwo dazwischen zu quetschen.

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Chinesische Medizin & Medizinradtreffen

IMG_20170525_182003_787Die Wildnispädagogik, das Coyote Mentoring, hat ihre Nebenaspekte. Wir wenden uns der Natur nicht technisch-wissenschaftlich zu, sondern versuchen, sie in ihrem Wesen, ihrem Kern kennenzulernen und zu verstehen. Wir versuchen, brachliegende oder vernachlässigte Pfade eines intuitiven Naturverständnisses wieder zu begehen – und wir orientieren uns dabei an den überlieferten Lehren der Naturvölker.

Das Coyote Mentoring ist in den USA entstanden, von Jon Young entwickelt nach den Lehren seines Mentors Tom Brown jr., der wiederum Stalking Wolf seinen Ältesten nannte… und somit liegt der Bezug zu den nordamerikanischen Ureinwohnern nahe. Die Kernroutinen sind indianisch geprägt; ebenso nutzen wir das Mittel der Danksagung als solche bzw. als Formel für das Sitzplatzprotokoll.

Kräfte der Natur

Wildnisschulen im Zeichen des Coyote Mentorings lehren Leben und Überleben im Einklang mit der Natur. Es geht dabei freilich nicht um Survival im engeren Sinne, denn dieses besteht darin, in einer Notsituation so schnell wie möglich aus der Wildnis wieder in die Zivilisation zu kommen. Im Coyote Mind möchte man in und mit der Natur leben;  es handelt sich eher um Bushcraft, gepaart mit dem Respekt für die (auch spirituellen) Kräfte der Natur.

Unsere “Bibel” dabei ist der “Coyote Guide”, und den bestellte ich beim Adler Buchversand, der sich besonders indianischer und schamanischer Literatur widmet. Als ich das Buch aufschlug, fielen mir ein paar Flyer entgegen; darunter einer, der fürs diesjährige Medizinradtreffen warb. Darauf erblickte ich das Foto eines Mannes, den ich bei meinen buddhistischen Schweige-Retreat im Hunsrück (“Natur, Meditation und Dharma”) kennen- und schätzen gelernt hatte.

Das Medizinrad

Neugierig geworden, erinnerte ich mich eines Buches, das ich in den 80er Jahren gelesen hatte: Das “Medizinrad” von Sun Bear & Wabun. Vom Verlage eher irreführend mit “eine Astrologie der Erde” untertitelt. In der Wikipedia heißt es zu Sun Bear:

Er vertrat eine eklektische Version indianischer Spiritualität, die er aus den Traditionen verschiedener Völker zusammensetze. Mitte der 1980er Jahre stieg er aus dem Filmgeschäft aus und lebte als Kursveranstalter. Sein Bear Tribe gewann eine große Anhängerschaft unter weißen New-Age-Interessierten, insbesondere in Deutschland.

Tatsächlich existiert der Bärenstamm e.V. noch immer in der Bundesrepublik, und er richtet alle zwei Jahre das Medizinradtreffen mit diversen indianisch inspirierten Ritualen und Zeremonien, mit Singen und Schwitzhütten, Referenten aus diversen kulturellen Kontexten (in diesem Jahr u.a. nepalesische Schamanen und ein weißer “Sangoma”, also afrikanischer Medizinmann). Im O-Ton:

Die Mitglieder dieses Stammes eint das Bestreben, so schreiben sie selbst, die Erde zu schützen, ihr Kraft und Liebe zurückzugeben und daran selbst zu wachsen:

Wir lernen neu, wie wir mit Pflanzen, Tieren und Menschen umgehen und von ihnen lernen können und wir arbeiten zusammen mit der Kraft und Energie von Mineralien und Steinwesen. Und wir lernen, den Respekt der und ihren Lebewesen gegenüber zu verinnerlichen. 

Als wir eintrafen, wurden wir sehr freundlich und neugierig als Neulinge begrüßt, natürlich unser Auto bestaunt. Zuvor waren Beate und ich zwei Tage auf dem jährlichen TCM-Kongress in Rothenburg ob der Tauber gewesen – das ist so was wie die große Jahresveranstaltung in Sachen chinesischer Medizin, die ja Beate in ihrer Sport- und Naturheilpraxis praktiziert.

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Coyote Mentoring: Feuer & Vögel

Feuer

Flammen züngeln – geschafft!


Feuer machen nach archaischer Art ist nicht wirklich einfach. Das erlebten wir beim zweiten Modul der Wildnispädagogik am vergangenen Wochenende bei den Versuchen, mit einem Feuerbohrset dem Zunderhäufchen ein Flämmlein zu entlocken…

Wie berichtet, nutzen wir Amphibiums-Reisenden unsere Verweilzeit im stationären Zuhause zu einer Ausbildung als „Coyote Mentor“ der Wildnispädaggik (dazu mehr im Beitrag Coyote Mentoring: Ein Kreis schließt sich). Nachdem Modul 1 vor allem eine grundlegende Einführung in die Thematik beinhaltete, stand Modul 2 im Zeichen von Feuer und Vogel.

Feuer machen. Und Vogelsprache zu deuten lernen. Bei letzterem geht es natürlich nicht darum, nach Art des Dr. Dolittle mit den Tieren zu sprechen, sondern die Lautmuster der Vogel zu erkennen und zu interpretieren. Denn die haben viel mit dem zu tun, was in der Umgebung des Vogels passiert; wer kommt, wer geht.

Vogelstimmen lassen das Geschehen im Jetzt erklingen und können ermöglichen, zu „sehen“, was in anderen Teilen des Waldes (oder der jeweiligen Umgebung) vor sich geht. Das wird dann in einem späteren Schritt zum Fährten lesen führen, bei dem man einen Blick in die Vergangenheit wirft…

Alle Wildtiere verstehen Vögel

Vögel lösen Alarme aus, wenn etwas in ihrer Umgebung von einer harmonischen Grundstimmung abweicht – ein Mensch, ein Boden- oder ein Lufträuber etwa: Vögel haben viele Feinde. Wie der Mensch üblicherweise durch den Wald stapft, löst er Störungswellen aus – wir lernen, wie man diese Störungen so klein wie möglich hält.

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