Archiv der Kategorie: Land

Heilig-Abend am Atlantik-Strand

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Heiligabend. Allein. Am Strand.

Das ist wohl der erste Heiligabend in meinem Leben, den ich alleine verbringe. Der Unimog steht am Strand, genauer dem Praia das Piedras Negras an Portugals Atlantikküste, nördlich von Lissabon.

In der Ferne blinkt ein Leuchtturm. Außer mir ist niemand hier. Draußen rauscht das Meer, die Brandung schafft meterhohe Wellen. Bis vor kurzem waren hier noch Surfer. Auch die feiern wohl Weihnachten.

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In der Pfanne brutzeln Falafel-Bällchen, dazu gibt es Tabouleh-Couscous-Salat – immerhin, der Nahe Osten, wo der Mann vor zweitausend Jahren an ein Lattengerüst genagelt wurde, weil er meinte, es wäre toll, wenn alle mal zur Abwechslung nett zueinander wären (Zitat aus dem “Anhalter ins All”, das Reise-Buch schlechthin), lässt kulinarisch grüßen.

Von Barril de Alva hat es wenige Stunden Fahrt, unterbrochen von Tankstopp und Einkaufen im Intermarché, gedauert; diesmal weiter keine Komplikationen. Stattdessen Sonne, wolkenloser Himmel, und heruntergekurbeltes Fenster auf der Fahrer-Seite des Unimog.

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Ankommen / Abfahren – Freude / Wehmut

Die Altstadt Salamancas bleibt unbesucht. Es ist so was von neblig, dass ich zwar nahe ans Stadtzentrum fahre, einen guten Standplatz auf dem Parkplatz einer Schule finde – aber dennoch eine Kehrtwende einlege: Die schöne Altstadt verdient Bewunderung bei Wärme und guter Laune, nicht im neblig-Trüben, Klammen, Kalten.

Schade: Salamanca beherbergt eine altehrwürdige Universität, und als ich vor Jahrzehnten als 16-Jähriger dort vorbeikam, dünkte sie mich als ein traditioneller Ort der Ratio und des Diskurses, und sie gab mir den Glauben an Vernunft und Verstand mit auf den Weg. Ich wäre gerne entlang der Bogengänge gewandelt…

Schöne Stellplätze in Sabugal und Benquerenca

Es geht im – Überraschung – Nebel gen Portugal, dann auf die Landstraße nach Sabugal. Weitere Überraschung: Diese Gegend Portugals gleicht nahezu völlig dem mir vertrauten spanischen Galicien – Granitblöcke, Granitsteine, Mäuerchen aus Granit, sogar die Weinreben ranken sich an Granitstelen, verlassene Häuser, verlassene Dörfer.

Der Stausee bei Sabugal könnte ein schöner Stellplatz sein, aber ihm bleibt nur eine Rast vorbehalten. Immerhin widme ich seinem Ufer eine Gehmeditation. Besser kann man einen Ort nicht in sich aufnehmen. Danach fahre ich nach Benquerenca, auch dort ein attraktiver Womo-Stellplatz, der zur Übernachtung einlädt. Ich zögere. Würde gerne hier bleiben, doch wenn ich weiterfahre, könnte ich es schaffen, vor dem Einbrechen der Dunkelheit in Barril de Alva zu sein – und von dort aus würde es bis zur Atlantikküste nicht mehr fern sein… 

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Always follow the truck traces


Da meine Mutter im spanischen Galicien an der Atlantikküste seit Jahrzehnten wohnt, bin ich viele Jahre viele tausend Kilometer dorthin zu Besuch gefahren. Man quert dann zwangsläufig das Baskenland, und immer habe ich die gleiche Erinnerung: düster, grau, schwer, erdrückende Berge, schlechtes Wetter, hässliche Industrieanlagen in die Täler gepresst. Kaum bin ich über die Grenze bei Irun, erfasst mich die traditionelle Euskadi-Depression.

Zum ersten Mal erfahre ich das Baskenland nunmehr nicht von der Autobahn in Richtung Burgos und Ourense, sondern habe die Mautpiste so bald wie möglich nach Grenzübertritt verlassen. Über kleine, krickelige Landstraßen bin ich in Zegama gelandet, auf einem Wohnmobil-Stellplatz am Hang. Ausgangspunkt für ein kleines Wander- und Trailrun-Paradies. Vielleicht ist das ja was für unseren geplanten sommerlichen Besuch der Pyrenäen und Nordspaniens – und könnte ein Gegengewicht zur Euskadi-Depression schaffen…

Dorthin bin ich gestern Nacht nur auf Umwegen geraten, nachdem ich meine Navi-Anweisungen fehlinterpretiert hatte, und auf einer engen-kleinen-schmalen Auffahrt mit Spitzkehren in ein paar Sackgassen, Hinterhöfen und schließlich im Niemandsland landete. Eigentlich ist der Unimog mit seinen sechs Metern Länge und 2,30 Metern Breite nicht wirklich groß, aber für spanische Seiten- und Anliegerstraßen doch sperrig. Und im Dunkeln zu wenden, ist alleine nicht wirklich einfach.

Heute bin ich im – wie könnte es im Baskenland anders sein – im Trüben, Regnerischen, Nebligen aufgewacht und hab schnell den Motor angeworfen. Eine winzige, schmale Straße mit Felsrändern folgt; vielleicht ist es sogar besser gewesen, dass ich die in der gestrigen Nacht nicht so richtig gesehen habe. Bei 3,60 Meter Fahrzeug-Höhe hofft der Fahrzeug-Lenker, dass er keine Bäume, deren Äste, Überhänge o.a. streift.

Frei sein geht mit ausgeliefert sein einher

Dann werden die Straßen immer breiter, schließlich rollen die alten Militärreifen auf der Autovia. Ab dann wird’s langweilig, aber auch bequemer und schneller. Der Unimog schnurrt fast. Auch wenn ich immer wieder besorgt auf ungewöhnliche Geräusche lausche. Keine unsere Touren ging bislang ohne – teilweise gravierende oder gefährliche – Pannen vonstatten; eine gewisses nervöses Grundrauschen bleibt niemals aus.

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Gen Süden, ins Warme

Mein Freund G. lebt das Gegenteil. Er hat sich für ein fest stehendes Haus entschieden, ein altes obendrein, in der Ferne noch dazu. D.h., für ihn ist es nicht mehr fern, denn seit geraumer Zeit hat es ihm seine Firma ermöglicht, im Home Office zu arbeiten… und weil es dabei um den französischen Markt geht, arbeitet G. nun in seinem Hof-Haus mit großem Garten, Apfel- und Walnussbäumen in Südfrankreich, mit Blick auf die Pyrenäen, die zum Greifen nah zu sein scheinen. 

Wir dagegen haben uns ja für ein mobiles Heim entschieden, und beide “Häuser” sind sich insofern ähnlich, als dass sie ständiger Wartung, Pflege und teurer Reparaturen bedürfen. Auf dem Weg gen Süden habe ich zwei Tage Zwischenstopp bei G. eingelegt; und danach bin ich nicht sicher, welches das bessere Modell ist. G.’s Domizil ist so schön und liebevoll gemacht, dass es zum dauerhaften Verweilen verlockt.

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Retreat in Plum Village

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Hand anlegen: Beate, Nonne, Besucherin (v.r.n.l.) beim Nüsse knacken und schälen.

Dieses Blog handelt vom Reisen und mit Reisen meint man meistens Reisen in In- oder Ausland, jedenfalls in die äußere Welt. Man kann aber auch in die innere Welt reisen, und das ist häufig eine ebenso spannende Reise in ein unbekanntes Land. Wenn man die Haut um den eigenen Körper als eine Art Randbegrenzung versteht, dann gibt es eben Reisen außerhalb dieser Randbegrenzung und es gibt Reisen innerhalb dieser Randbegrenzung.

Bei unseren Schulungen zur Naturverbundenheit und Naturwahrnehmung nach Art der Native Americans beispielsweise haben wir auch erfahren, dass das Outer Tracking (nach Tieren oder Tierspuren) einhergeht mit dem Inner Tracking (den Resonanzen in der eigenen Gefühls- und Gedankenwelt). Das ist insofern interessant, als dass man Meditation und Innenschau meist mit fernöstlichen Philosophien und Lehren verbindet.

Besuch im buddhistischen Kloster

Und tatsächlich sind Beate und ich zu einer Reise in die Innenwelt aufgebrochen, die uns nach Plum Village in Südfrankreich, etwa 80 Kilometer von Bordeaux geführt hat. Dort lehrt der nahezu legendäre vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh Achtsamkeit und Meditation. Besonders für Beate mit ihrem evangelisch-freikirchlichen Familienhintergrund eine ungewöhnliche Tour in ein Neuland.

Eigentlich handelt es sich um ein buddhistisches Kloster, in dem Dutzende Mönche und Nonnen nach Geschlechtern getrennt in drei Unterabteilungen leben (Lower Hamlet, Upper Hamlet, New Hamlet). Und eigentlich handelt es sich bei diesen drei Hamlets um ehemalige Bauern- oder Gutshöfe bzw. Landhäuser. Jenseits der großen Meditationshallen kommen sie mit erstaunlich wenig buddhistischer Deko daher. Manches deutsche Seminarhaus strotzt da eher von Figuren und Figürchen.

Plum Village in Google Earth-Sicht

Meyrac bei Bergerac: Lower Hamlet on Plum Village.

Und ebenso werden alle interessierten Menschen aufgenommen – und dabei keineswegs irgendwelche Bekehrungsversuche gestartet. Man hat die Retreat-Regeln zu beachten, mehr nicht. Die bedeuten u.a. um 5 Uhr aufzustehen und um 5.45 Uhr zu ersten Meditation in der entsprechenden Halle zu sein; von 21 Uhr bis etwa 8 Uhr gilt allgemeines Schweigen. Beim Essen warten alle, bis alle da sind, und alle werden mit einer kurzen Verbeugung begrüßt, wenn man sich setzt.

Das Essen ist vegan, da die Regel gilt, möglichst keinem Lebewesen ein Leid zuzufügen. Das kann dazu führen, dass eine Nonne ein kleines Insekt, das auf dem Teller beim Abspülen entdeckt wird, sorgsam in die Hand nimmt und nach draußen bringt. Fürs achtsame Essen gilt, einen Bissen lange lange zu kauen, und keinen anderen währenddessen schon auf die Gabel zu nehmen. Man soll bei dem sein, was man gerade zu sich nimmt, und nicht in Gedanken oder vor Gier schon beim nächsten.

Be beautiful. Be yourself.

Man ist viel mit sich allein zusammen (und soll das auch sein), gleichzeitig in einer großen Gemeinschaft, die Geborgenheit vermittelt (auch das soll sein). Nicht nur wegen der Geh-Meditation wird man sehr langsam und ruhig, und das wiederum hat wenig mit dem oberflächen Begriff von „Entschleunigung“ zu tun.
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Körper-Kontakt mit Kamelen

Beate bei Kamelen

Beate bei Kamelen

Klaus Därr ist in der Fernreise-Szene eine Legende, sein gleichnamiger, später verkaufter, Expeditionsservice ebenso – seit den 70er Jahren tourt der Mann mit seiner Frau Erika durch ferne Lande, seine Tochter Astrid schreibt u.a. Reisebücher, sein Sohn René betreibt eine Firma für Expeditionstechnik, vornehmlich Satellitentelefone.

Vergangenes Jahr hatte Klaus Därr die Idee, (auch) ein Globetrottertreffen zu organisieren; weniger als Messe denn als Gelegenheit zum gemütlichen Plausch unter Erfahrenen und Unerfahrenen. Eigendarstellung:

Das Globetrottertreffen  wendet sich an Globetrotter, die selbst organisierte Reisen in Länder außerhalb Europas unternommen haben und/oder unternehmen werden. Obgleich die Besucher überwiegend im eigenen Fahrzeug auf Reise gehen sind alle engagierten Welt- und Fernreisenden, egal welches Verkehrsmittels sie sich bedienen, sehr willkommen.
Die Kommunikation von Traveler zu Traveler steht auf dem Globetrottertreffen ganz klar im Vordergrund. Wer durchgehend bespaßt werden möchte oder Offroad-Action im Gelände erwartet kommt nicht auf seine Kosten. Weniger reiseerfahrene Besucher sollten keine Hemmung haben, gezielte und durchdachte Fragen an erfahrenere Traveler zu richten. Alle Besucher werden gebeten, sich auch den weniger erfahrenen Fragestellern aufgeschlossen zu zeigen, denn dafür ist das Treffen da.

Veranstaltungsort war ein Kamelhof in der Nähe Münchens, und Beate jedenfalls reizte die Aussicht, Kamele aus nächster Nähe erleben und streicheln zu dürfen, mehr als alles andere. Die Kamele waren außer ein paar abendlichen Vorträgen das hauptsächliche “Programm”; unter den Vorträgen fiel freilich einer aus dem eher bekannten Portfolio von Fernreise-Darstellungen – ein junger Mann war alleine zu Fuß mit einem Muli monatelang in der Wüste Marokkos unterwegs gewesen und berichtete eindrucksvoll und ehrlich von seinen Strapazen und Sorgen.

Dezente Eigen-Darstellung

Tatsächlich streikte hin und wieder die Technik; es erwies sich das ganze Treffen als charmant unperfekt und lässig. Das orientalische Büffet bei der Abendgestaltung erschien uns im Verhältnis zum aufgerufenen Preis von 18 € etwas dürftig, zumal die Organisation im Orient-Zelt Warteschlangen mit sich brachte. Manchmal war das gewünschte Essen dann auch schon alle.

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