Jina spricht sehr gut Englisch, ist aber nie aus Velddrif rausgekommen und betet zu Gott, dass sie sich ein altes, billiges Auto leisten kann, damit sie die 16 Kilometer von der Farm ihres Bosses am Tafelberg ins Dörfchen Redelinghyus nicht mehr laufen muss. Hin- und Rückweg so lang: Da kommt sie nicht mehr vor der Dunkelheit zurück. Sie will dem Boss aber auch nicht zur Last fallen und sich von ihm mitnehmen lassen.
Sie mag ihre Katzen, die nicht ihre sind, und mag die Hunde der Besitzerin nicht, weil die die Katzen jagen.
Die farbige Frau hat mal einen mexikanischen Boss gehabt, aber ob der Spanisch gesprochen hat, weiß sie nicht mehr; vielleicht hat sie bei dem Englisch gelernt? Jina hat für 200 Rand an Wochenenden im Tourist Office von Veldrif gearbeitet, und da standen eines Tages ein paar Chinesen vor ihr und haben Chinesisch gesprochen. Bis sie dahinter kam, dass der Übersetzer draußen stand und telefoniert hat! Die Chinesen wollten aber nur Fisch kaufen und wissen, wo es den besten in Velddrif gäbe.
An einem anderen Tag im Tourist Office hat eine – weiße – Frau, gefragt: Warum es so schrecklich stinken würde? Aber das war eben die Fischfabrik, und wenn der Wind ungünstig steht, dann riecht es halt wie so eine Fischfabrik riecht. Und dann hat sie zu der Frau gesagt: Diese Fabrik gibt hier vielen Leuten Arbeit, und wenn ihr das nicht gefalle, müsste sie halt woanders hingehen. Die Frau fand das sehr rüde.
Wenn Jina einkaufen geht, und das muss man wörtlich nehmen, dann kauft sie Mehl, billiges Öl und ähnliches, und nunmehr verstehe ich auch, warum es gerade in den Discounter-Supermärkten in Südafrika so große Vorratspackungen gibt, Reis in 5-kg-Säcken oder ähnliches. Wenn die Leute nur einmal pro Woche oder pro Monat einkaufen gehen können, weil sie vielleicht jemand über 16 Kilometer mit hin und zurück nimmt. Dann muss man halt eben entsprechende Mengen mitschleppen.
Jina arbeitet gerne mit Menschen, sagt sie, aber vielleicht soll das bedeuten, dass sie gerne einen Schwatz hält. Von sich aus macht sie jedenfalls keine Anstalten, das Gespräch zu beenden. Sie fummelt ein bisschen mit dem Besen rum, fegt vor ihren Füßen hin und her, schiebt ein bisschen den Sand beiseite, vor und zurück. Und redet einfach immer weiter.
