Wanderungen an Vikos & Voidomatis

Vikos-Schlucht vom Ochia-Punkt gesehen

Vom Ochia-Aussichtspunkt gesehen, einer Art mauerbefestigter Balkon mit angeschlossener reisebusfester Parkbucht, fällt die Vikos-Schlucht rund 900 Meter in die Tiefe… so senkrecht vor den Füßen und Augen, dass auch trittsicheren und schwindelfreien Menschen das Kribbeln die Beine in den Magen hochschießt.

Vom Ort Mononendri führt ein anfänglich unbequem gepflasterter Weg hinunter. Zu diesem Zeitpunkt möchte der Wanderer glauben, so ginge es weiter steil hinunter und am Schluchtgrund das Flüsschen gleichen Namens entlang weiter. Aber die etwa zehn Kilometer zwischen Mononendri und dem Ort Vikos haben es durchaus in sich.

Es gibt einige Passagen zu klettern, zu kraxeln, zu krabbeln, ebenso wie schmale, bröckelige, geröllige Stellen, während der Pfad sich vorwärts windend mal höher, mal tiefer, mal am Schluchtgrund verläuft. Fünf bis sieben Stunden sind dafür zu kalkulieren. Verlaufen kann man sich nur schwerlich dabei; schon gar nicht, wenn man eine Wanderkarte des gesamten Gebietes in einem der Touri-Tinnef-Läden in Mononendri erwirbt.

Die Vikos-Schlucht durchfließt der Voidomatis, und dieser Fluss ist vom Ort Aristi aus in entgegengesetzter, nördlicher Richtung entlang zu wandern. Es existiert ein rund fünf Kilometer langer Lehrpfad mit 14 Schautafeln, entlang derer die Lebensweise paleolithischer nomadischer Jäger und die sie umgebenden Stein-, Pflanzen- und Tierwesen beschrieben und veranschaulicht wird.

Barfuß-Wanderung entlang des Voidomatis

Auch dieser ist nicht ausgebaut wie ein Waldweg im hessischen Mittelgebirgsforst, sondern weist einige krickelige Passagen auf, bei denen man aus beträchtlicher Höhe auf das betörend schöne glasklare Wasser herabsieht. Der Voidomatis wird von Wildwasserkayakisten und per Rafting befahren – das Wasser ist nicht nur schön, sondern auch schäumend. Und eiskalt.

Schon die Wanderung durch die Vikos-Schlucht diente als Training – nämlich mit den neu erworbenen 5.11-Rucksäcken und Teleskop-Wanderstöcken zu gehen. Entlang des Voidomatis ließen wir uns – getreu der Ideen des Coyote Mentorings – von der Idee der Jäger vor zehntausend Jahren inspirieren. Statt Trail-oder Wander-Schuhen zogen wir Fivefingers-Barfußschuhe an “Füße sind Geh-Fühler”, erinnerten wir uns, und tatsächlich: Ein natürliches Gehen und Anschmiegen an den Pfad statt Stolpern in fußfeindlichen Wanderkampfschuhen war die Folge.

Uns begegnete auf dem Hinweg eine gut ausgestattete Wandergruppe vorwiegend älterer Menschen. Darunter freilich eine ältere Dame in Alltagskleidung, freundlich lächelnd, schon zurück bleibend. Eine Begleiterin hatte ihr wenigstens einen Trekkingstock geliehen.

Nach unserer halbstündigen Vesper an einer Steinbogenbrücke am Ende des Pfades kehrten wir um und trabten den gleichen Weg zurück. Wieder entlang wunderlich verformter, verknoteter, verwundener, verwurzelter, verwunschener Bäume. Viele von ihnen Hohl-Bäume. Entlang dem klaren, kalten Wasser. Zwischen Felswand und Flusslauf.

Die Nachhut

Kurz vor Ankunft am Ausgangsort holten wir die Nachhut der Wandergruppe ein: die ältere Dame hatte sich tapfer durch alle steinernen Schwierigkeiten auf dem Weg geschlagen. Ihr Großvater hatte in dieser Region gelebt. Die 70jährige war schon lange einen solchen Weg nicht mehr gewandert.

Sie war sichtlich froh, als wir ihr Wasser aus dem Trinkschlauch anboten. Weit hinter den anderen zurückgeblieben, hatte sich allein ein Guide in Sichtweite zurückfallen lassen. Die Wandergruppe stammte aus Athen, so war zu erfahren. Und wollte an diesem Wochenende noch weitere knackige Strecken passieren.