Unimog: das Ende einer Freundschaft?

Grüner Unimog bei Fluss-Durchfahrt in Marokko…

“Mal sehen, ob er dieses Mal mehr als 50 Kilometer weit kommt”, habe ich zum Werkstattmeister frotzelnd gesagt. Hätte ich wohl nicht tun sollen: Das Schicksal erweist sich ob solcher Unbotmäßigkeit als ungnädig und führt ein heftiges Krachen herbei.

Ein Krachen, von dem später der hinter meinem Unimog herfahrende Nachbar sagen wird, dass es so laut gewesen sei, dass er in seinem Ford Ranger zusammengezuckt sei. Ein Krachen, das so ungewöhnlich gewesen sei, dass er zum Mobiltelefon griff und die beste Ehefrau von allen, also meine, sofort anrief, um ihr mitzuteilen, dass das große grüne Ungetüm soeben auf den Parkplatz der örtlichen Sparkassenfiliale eingebogen und dort ausgerollt sei…

Stillstand an der Sparkasse

Tatsächlich hatte es keine 500 Meter nach Motor-Start gedauert, bis beim Schaltvorgang besagtes Krachen zu vernehmen war, und danach sich die Gänge nur noch schwer, klemmend, krachend oder gar nicht einzulegen waren… Kurz hatte ich noch Hoffnung, aber dann musste mitten auf der Hauptstraße eine schnelle Entscheidung getroffen werden: Weiterrollen und nach Stillstand mitten auf der Pendlerachse ein veritables Hindernis zu bilden oder das Lenkrad nach links rumzureißen und auf den Sparkassen-Parkplatz  einzuschwenken.

Eigentlich sollte es zu einem Meditations-Retreat ins niedersächsische Rahden gehen… also eher 500 Kilometer als 50 Kilometer oder 0,5 Kilometer. Zuletzt war der Unimog auf der Autobahn von Würzburg nach Hanau liegen geblieben, als wir von der Fortbildung zu “Feldenkrais & Meditation” am Benediktushof in Holzkirchen zurückkehrten (siehe Blogbeitrag hier…) – da waren wir besagte 50 Kilometer weit gekommen; und danach hatte unser Unimog erst kostenträchtig in der Werkstatt unseres Vertrauens gestanden…

Dieses Mal aber hatte ich ein Zeitproblem – abends sollte ich ja in Rahden bei der Eröffnung des Schweige-Retreats sein… mit dem Unimog samt seinem defekten Getriebe würde das nicht zu erreichen sein. So brachte meine Frau unseren 90er Land Rover Defender zur Unimogwerkstatt, während der Werkstattchef – einer der alten Schule: verlässt als Letzter den Betrieb – am Freitag Nachmittag noch zu erreichen war und mit einer PS-starken Mercedes-Zugmaschine zu Hilfe eilte.

Allerdings musste ich zwei Stunden drauf warten, während derer mich der ein oder oder andere Sparkassen- oder Bäckereikunde darauf aufmerksam machte, dass mein Fahrzeug im Weg stünde. Es war schwer zu vermitteln, dass der grüne Unimog in diesem Moment kein Auto-Mobil mehr sei, denn er bewege sich derzeit von selbst keinen Meter: Und versuch mal, einen 7,5-Tonner zu schieben…

Feststellbremse als Fußbremse

Schließlich fährt der Chef vor; ein Abenteuer beginnt. Mit einer Sattelschlepper-Zugmaschine einen ungefügen 7,5-Tonner abzuschleppen, hab’ ich noch nicht erlebt. Und das über rund 20 Kilometer Landstraße, mitten durch den Ort und – wegen Marktes gesperrter Hauptstraße – durch lauter verkehrsberuhigte Wohn-Zonen.

Obendrein hat der Werkstattchef mich angewiesen, keinesfalls die reguläre Fußbremse des Unimogs zu nutzen, sondern nur die – für diesen Zweck nicht gedachte – Feststellbremse per Druckluft! Beim Pkw heißt so was Handbremse. Mit dieser lässt sich nun nicht sonderlich geschmeidig bremsen… aber mit der eigentlichen Bremse ist die Kraftentwicklung nun wieder zu kräftig; und da die beiden Fahrzeuge mit einer kurzen Schleppstange verbunden sind, würde der Fahrer des Schleppfahrzeugs Gefahr laufen, durch die Frontscheibe zu fliegen… und die starre Schleppstange kann auch dafür sorgen, dass das vordere Fahrzeug etwa in eine Kreuzung hineingeschoben wird…( was auch prompt passiert).

Schleppstange & Stoßseufzer

Zwischendurch hakt sich die Schleppstange mitten auf der Landstraße im Berufsverkehr aus,…, und wir müssen sie mit Müh’ und Not neu fixieren. Als wir schließlich und endlich in der Werkstatt ankommen, lässt sich ein Stoßseufzer nicht vermeiden!

Ein schwerer, metallischer Schalt-Hebel ist komplett gebrochen, wird sich erweisen. Da uns der Stellplatz für den Unimog in einer ehemaligen Landwirtschaftshalle gekündigt worden ist und da wir im September ohnehin rund drei Wochen nach Namibia wollen, bleibt das havarierte Fahrzeug einfach auf dem Werkstattgelände. Mehr als vier Wochen haben die Mechaniker also Zeit, den Unimog zu reparieren – und weil das gerade gut passt, lasse ich auch noch Radvorgelege, Radlager und Bremsen prüfen und in Ordnung bringen; ebenso wird der stark korrodierte Batteriekasten gegen einen neuen ersetzt (das war schon lange fällig).

Selberschrauben & Sprit

Das alles hat seinen Preis, als wir nach Rückkehr aus Namibia den nunmehr durchreparierten Unimog abholen: rund 9.000 Euro. Der Moment, wo ich die Rechnung in Empfang nehme, ist der Moment, wo das Abenteuer Gelände-Wohnmobil sein Ende zu nehmen beginnt.

Wer nicht Kenntnisse & Know-How, Mittel & Möglichkeiten zum Selberschrauben hat, für den sind die Mechanikerstunden in einer Werkstatt einfach zu teuer… für das Geld kann man seeeehr viel Diesel und somit seeeeehr viele Reisekilometer für einen Land Rover Defender bezahlen, auch wenn die Unterkunft im Zeltdach nicht so gemütlich und die gesamte Wohnsituation deutlich beengter ist.

Retreat – wozu?

P.S.: Apropos Land Rover – mit unserem 90er Defender, den Beate mittlerweile samt Zelt, Isomatte & Schlafsack vor die Hofeinfahrt der Unimog-Werkstatt gefahren und geparkt hat, hetze ich dann durch die Nacht nach Rahden zum Meditations-Retreat. Irgendwann um Mitternacht komme ich entnervt an und baue noch im Dunkeln mein Zelt auf. Einen solchen Einstieg in ein Schweige-Retreat hatte ich auch noch nicht!

P.P.S.: Wozu ein Retreat? Was macht man da?
Dazu gibt es schon Beiträge:
Retreat in Plum Village (hier klicken)  … – Ranger in Retreat (hier klicken)