Südafrika: Das Land ist verloren

Auf diesem Bild ist ein Teich unter Felsen versteckt…

In Clanwilliam im Norden der Zederberge gehe ich in einem SPAR-Supermarkt einkaufen, und kaum bin ich drinnen, meldet sich der an Bord es Land Rovers zurückgelassene GPS-Tracker mit einem Geschwindigkeits- und Erschütterungsalarm auf meinem Smartphone… Wie, kaum stellt man das Auto mal in einer Stadt ab, da wird es schon geklaut?

Natürlich nicht. Der kleine GPS-Tracker, den ich nur anschalte, wenn ich mein Fahrzeug in potenziell klau-gefährdet glaube, verfügt über die üblichen Alarm-Varianten: Etwa, wenn das Fahrzeug schneller als eine zuvor festgelegte Geschwindigkeit fährt (20 km/) oder wenn es ein zuvor definiertes Gebiet rund um die Parkposition verlässt oder wenn es über holprige Strecken fährt.

Wegfahrsperre und GPS-Tracker

Generell gilt das Alarmsystem inklusive Wegfahrsperre des Land Rovers als so diffizil, dass es auch Kfz-Elektriker nicht mit Werkstattmitteln umgehen können. Man sollte tunlichst darauf achten, dass die Knopfbatterien im Codegeber am Schlüsselbund gut geladen sind und dass man einen zweiten Schlüsselbund mit ebenfalls gut geladenem Codegeber als Ersatz greifbar hat…

Von daher ist es also unwahrscheinlich, dass es einem Dieb mitten auf einer belebten Einkaufsstraße innerhalb von zehn Minuten gelingt, den Landy in Bewegung zu setzen. Ich bin also über den GPS-Alarm erstaunt, aber nicht wirklich beunruhigt. Zumal die Alarm-App auf dem Handy anzeigt, dass mein Wagen immer noch genau da steht, wo ich ihn zurückgelassen habe.

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Was war also passiert? Nichts weiter, als dass ich das Gerät das letzte Mal viele, viele zurückliegende Kilometer angeschaltet hatte und ihm zwischenzeitlich nicht erklärt habe, dass wir mittlerweile woanders sind. Mit anderen Worten: Nach Anschalten in Clanwilliam hat es die letzten und die aktuellen Positionsdaten verglichen und – hoppla, ich bin ja nicht mehr da, wo ich zuletzt war!

So sorgt die Tücke der Technik für unbegründete Aufregung. Ähnliches gilt auch für das kleinen, handliche Diagnosegerät, dass ich während der Fahrt mitlaufen lasse: Nachdem der Motor des Landy manchmal abrupt und übergangslos den Betrieb einstellt, möchte ich nachprüfen, ob und wann und wie sich solches möglicherweise ankündigt… aber ob das Starren auf die Zahlen der Motorsteuerung zur Beruhigung beiträgt?

Clanwilliam: Township und Chalets

Eher nicht. Andererseits ist der Ärger umso größer, wenn man sich im Falle des Falles sagen müsste, dass sich ein Schaden angekündigt hat… und umso problematischer, wenn das mal irgendwann fern jeder Ansiedlung passiert.

Nach dem kleinen Schrecken in Clanwilliam komme ich auf einer sauber gefrästen Gravelroad wenig später auf der Jamaka Organic Farm an, nachdem ich bei der Ortsausfahrt an einem ärmlich aussehenden Township und einige wenige Kilometer weiter an teuren Chalets und Cottages oberhalb des Clanwilliam Stausees vorbeigefahren bin. „Wenn gefühlt sehr, sehr arm auf gefühlt sehr, sehr reich treffen, ist häufig ein gewisser Wertausgleich unvermeidbar“, hat mal jemand in einem Namibia-Forum geschrieben. Die Stacheldraht- und Elektrozäune um die Reichen-Siedlungen künden davon.

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Als nächste Station steuere ich am folgenden Tag eine Campsite in Beaverlac an – auch diese fällt unter die Problematik „am-Wochenende-eventuell-voll-weil-Kapstadt-nah“. „Nah“ ist natürlich relativ, Südafrikaner und erst recht Namibier empfinden Distanzen anders als Mitteleuropäer. 200 bis 400 Schotterpistenkilometer sind da nichts.

Die Campsite ist von europäischem Zuschnitt, eher langweilig. Auch das Verbotsinventar ist beeindruckend, folgt aber in der Umsetzung südafrikanischen Regeln: Verboten ist viel, drum kümmert sich keiner, selten mal die Polizei. Und wenn’s die da oben an den Schalthebeln der Macht (und der Fleischtöpfe) nicht tun, tun’s die da unten erst recht nicht.

Das Land ist verloren…

Nachdem ich mich umgesehen und eingenistet habe, kommt eine Frau vorbeigestapft und lädt mich spontan zum Abendessen bei ihnen schräg gegenüber ein. Südafrikaner sind freundlich und kontaktfreudig. Und auch wenn ich gerne bewusst allein bin, so nutze ich doch die Gelegenheit, etwas über Land & Leute zu erfahren.

An diesem Abend erfahre ich aus dem Mund der Dame (die ihren Weißwein mit Gordon’s Gin-Beimengungen pimpt), dass fünf Prozent der Bevölkerung 95 Prozent der Steuern zahlen, früher alles besser war, nichts mehr funktioniert und das Land Südafrika verloren ist. Nun ist es kein Geheimnis, dass die ANC-basierte Machtelite schwer mit Korruption & Kleptokratie ihrer Kader zu kämpfen hat; insofern ist die Position der ungemein lockeren und charmanten Frau gewiss nicht einfach stumpfsinnig weiß-rassistisch…

…das Abendessen auch

Ihr „camping partner“ – so nennt sie ihn tatsächlich – ist eigenen Angaben nach professioneller Industrietaucher mit gelegentlichen Engagements in Saudi-Arabien, und es bleibt offen, ob man mit diesem Beruf ein Chaot mit zwei linken Händen sein kann oder ob es dem Alkohol geschuldet ist: Jedenfalls bringt er weder das Braai-Feuer in Gang, noch gelingt es ihm, die Butan-Gasflasche in den kleinen Tisch-Kocher zu fummeln und der Griff zur großen Gasflasche an der Rückseite seines Toyota Hilux erweist sich als vergeblich, weil keiner die Kombination des sichernden Zahlenschlosses weiß.

Da fliegen dann diverse Gegenstände durch die Gegend, sie stolpert und schlägt lang zu Boden, rappelt sich auf, wankt von dannen,… ich empfehle mich und fürchte, dass an diesem Abend schräg gegenüber nichts mehr gegessen wurde. Immerhin: Er war erlebnis- und erkenntnisreich (für mich).

Am nächsten Morgen entschuldigen sich beide: War wohl etwas zu viel Alkohol. Hm.