Driehoek & Wolfberg Arch: Die Vorzüge des Umkehrens

Zerklüftete Felsen und verkohlte Bäume in der Umgebung der Driehoek Farm in den Cederberg Mountains.

Auf der Campsite der Driehoek Guest Farm habe ich Glück: Man weist mir den Stellplatz Nr. 25 zu – und der liegt am Ende eines eigentlich privaten Bereiches, in dem einige fest abgestellte Wohnwagen im Schatten unter den Bäumen auf ihre Bewohner warten. Das Gros der Besucher freilich tummelt sich im dazu ausgezeichneten Areal – man kann den Partylärm der Capetown Camper immer noch hören, aber distanziert und durch das dicke Laub der Bäume gefiltert.

Eine Kernroutine des Coyote Mentoring zur Naturverbindung besagt, dass man sich seinen Nachbarn vorstellen solle, deren Gast man ist. Will sagen: Der Land Rover „Nr. 5“ nimmt unter fünf Eichen Platz, und diese wie alle anderen belebten wie unbelebten Elemente der Natur sind die Gastgeber. Sie erhalten ein wenig Wasser, man erklärt ihnen, wer man ist und was man vorhat – eine Routine, die nach indigenem Muster Respekt gegenüber Stein-, Pflanzen- und Tierwesen schult. Jahrtausende lang haben in der Gegend, die heutzutage als Westkap bekannt ist, die San gelebt – mit einem ähnlichen Verständnis der ganz und gar belebten Natur.

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Ähnlich wie die zuvor besuchte Kromrivier-Campsite (→ Oasis & Kromrivier: Bar-Bekanntschaften & Familien-Feiern) dient indes auch die in Driehoek als Abmarschpunkt zum bekannten Wolfberg Arch (→ Bilder…) – mit der Folge, dass gegen 5 Uhr morgens die Nacht zu Ende ist. Nicht nur wegen der Dämmerung und der Hähne, sondern auch der Wanderwilligen und ihrem lautstarken Packen. Ich vermute, dass zur Jagd aufbrechende Bushmen mucksmäuschenstill losgezogen wären…

„Man gewöhnt sich dran“, erklärt ein Dauercamper, der mit seinen drei Fahrzeugen eine kleine Wagenburg samt Kochstelle und Lagerfeuer benachbart von meinem vorübergehenden Stellplatz gebildet hat. Ein Wohnwagen dient quasi als Küche, zeigt er mir, den querstehenden MAN-Offroad-Lkw will er eigentlich verkaufen und auf den Campingbus auf Basis eines VW Crafters schwört er: Der hat ihn auch durch alles Gelände in Namibia, Botswana, Zimbabwe, Mozambique und sonstwo getragen – ohne Vierradantrieb, aber mit Mitteldifferential.

„Safe travels!“

Einmal mehr also: Vierradantrieb wird überschätzt, Bodenfreiheit ist alles. Roy arbeitet auf der Farm, repariert dies und das, und wenn ihm nach Aufbruch ist, dann parkt er den Crafter aus und begibt sich auf die Reise. An den Wochenende ist meist Party auf der Driehoek-Campsite, doch unter der Woche hat er meist seine Ruhe. Mit dem MAN war er unterwegs und schildert dessen Vorteile: Man kann mit ihm eine einfache Straßensperre von Jugendlichen, Betrunkenen oder Kleinkriminellen durchbrechen. „Wird nur schwierig, wenn sie mit AK-47 bewaffnet sind“, grinst er.

Ob einem solcherlei in abgelegeneren Gebieten des südlichen Afrikas von ortsüblichen Wegelagerern droht oder auch in Teilen Südafrikas – das Eastern Cape etwa gilt im Allgemeinen als unsicherer als das Western Cape – lässt der Fellow Traveller offen. Keine Verabschiedung in solchen Kontexten, die nicht mit einem „Safe travels!“ einhergeht.

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Tags darauf breche ich zur Wanderung zum Wolfberg Arch auf – erst um 10 Uhr, viel zu spät um den Rückweg im Hellen zu schaffen. Der Weg ist weitgehend klar zu erkennen, führt durch bizarre Felsformationen und traurige verbrannte Bäume. Angeblich hat es hier mal einen kleinen Zedernwald gegeben – von dem findet man unterhalb des Anstiegs zum Gabriel’s Pass nur verkohlte Überreste. Angeblich soll es hier – bei „Die Rif“ – auch die Ruinen eines ehemaligen farmhouse geben, jenseits des Jeeptracks – mir bleiben die verborgen.

Für den Rückweg lasse ich mir viel Zeit (und kann sie mir lassen), kann in der Tradition des Coyote Mentorings Felsen, Bäume, Büsche und die immer wieder vorüberflitzenden Eidechsen und Agamen studieren. Was bedeutet, zu versuchen, mit ihnen eins zu werden: Wie würde es sich anfühlen, wenn du in dieser Landschaft Fels, Baum, Eidechse wärest?

Öffnung der verkleisterten Sinne

Verschroben? Keineswegs – nur der Ansatz, die übliche Rationalität der fünf Sinne zu verlassen zugunsten einer Öffnung für das Extra-Sensorische; und damit ist kein Hokuspokus oder spinnerte Esoterik gemeint. Eher, sich dem wieder anzunähern, was San und andere so genannte Natur-Völker heute noch können und wir Zivilisationsbürger verlernt haben.

Den Wolfberg Arch habe ich nicht gesehen. Und doch wohl so viel mehr. Denn Hin- und Rückweg zu diesem Felsbogen bis zur Dämmerung zu schaffen, hätte bedeutet, zu hetzen – in beide Richtungen. Da wäre fürs Verweilen am Wegesrand keine Zeit geblieben, keine wachen Sinne für die versteckten Zeichen möglich. Versteckt sind die auch gar nicht – verkleistert sind die Sinne; und wer diese für Muster & Zeichen zu öffnen weiß, sieht sie.*

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* siehe www.coyoteguide.de, auch Tristan Gooley: www.naturalnavigator.com