Schlamm und Schluchten

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Mediano-Stausee

Der Mediano-Stausee war als eindrucksvoll im Reiseführer beschrieben worden, aber er erwies sich bei hochsommerlichem Niedrigwasser mit seinem Schlamm-und Schmodder-Ufer eher als unbegehbar – der See selbst sehr schön, aber eben unzugänglich; Schwimmen wie Kayaken fiel wie am Yesa-Staudamm erneut aus.

Dafür erkundeten wir ein weiteres verlassenes Dorf – das aber war einem geplanten Staudammbau zum Opfer gefallen und nicht nur der im Hocharagon grassierenden Landflucht. Seit Jahren kämpfen die in den sechziger Jahren enteigneten und vertriebenen Einwohner darum, den Ort wieder aufzubauen und in ihn zurückkehren zu können. Das zumindest erzählen Informationstafeln – und tatsächlich werden Häuser unübersehbar und unüberhörbar wieder aufgebaut.

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Verfallenes Dorf im Wiederaufbau

Immerhin standen wir recht schön einige Kilometer entfernt vom lebendigen Ainsa an einer Baumgruppe am Seeufer; die patroullierende Guardia Civil ließ uns ohne weiteres in Ruhe. Vermutlich hätten uns die beiden Insassen ohnehin nur davor gewarnt, dass das Wasser im Stausee sehr plötzlich sehr überraschend steigen kann.

Aber vielleicht haben sie gesehen, dass der Unimog bei 1,20 Meter Wattiefe und seiner Hochgeländegängigkeit noch etwas Spielraum bietet, sich vor herannahenden Wassermassen in Sicherheit zu bringen. Was er ja schon vor zwei Jahren in St. Peter Ording bewiesen hat.

Wenden in der Sackgasse

Am nächsten Tag ging’s weiter nach Viados. Unser 3,60 Meter hohes Fahrzeug musste einige enge und niedrige Tunnels auf dem Weg nach Plan passieren – da haben wir schon ein bisschen bange nach oben an die zerklüftete Felsendecke im Dunkeln gestarrt.

Damit nicht genug, mussten wir in einer Sackgasse inmitten in der Ortsenge von Gistain wenden. Bei dieser Gelegenheit erwies sich einmal mehr, dass der Grünimog zwar einerseits ein sperriges und ungeschlachtes Gerät ist, andererseits sich aber auf engem Raum relativ gut manövrieren lässt.

Meditation am Gebirgsbach

Eine ziemlich lange, ziemlich enge Passage auf dem Weg weiter hoch folgte. Auch da hielten wir ein paarmal die Luft an – aber ich vermute, dass sich der Herzschlag derer, die uns entgegen kamen, noch mehr erhöhte. Wir übernachteten an einer sehr schönen und ruhigen Stelle alleine am Fluß.

Am nächsten Tag legten wir einen Ruhetag mit Liegen und Lesen am Fluss ein; verbrachten ein wenig Zeit mit Sinnes- und Elementemeditationen auf Felsen mitten  im Fluss sitzend. Und abends trainierten wir das Werfen unserer im Rahmen der Wildnispädagogik-Ausbildung selbst angefertigten Jagdhölzer – Zielobjekt war ein Stein, der einen Hasen symbolisierte.

Grenzen für den Grünimog

Vergangenen Montag krochen wir den Talkessel auf einem sehr schmalen Landwirtschaftsweg weiter hoch; teilweise erkundeten wir zu Fuß die vor uns liegenden Passagen, um sicher zu sein, dass wir in Breite wie Höhe mit dem Grünimog durchkämen – die Pyrenäen sind schon eher etwas für Land Rover Defender oder 3,5-Tonner im Kastenwagenformat.

Bei der Höhe spielen schon die Bäume bzw. deren (kräftige) Äste eine Rolle, die uns die Solarstrom-Anlage auf dem Dach demolieren können. Die Photovoltaik-Module freilich befähigen uns im Verbund mit der Lichtmaschine, autark in Sachen Energieversorgung zu sein… Und das bei konstruktionsbedingt recht schwachen Akkukapaziäten des Aufbaus.

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Übernachtungsplatz am Gebirgsfluss

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Die Natur findet ihren Weg

Eine formidable Standmöglichkeit mit Aussicht ins Tal verwarfen wir, wegen schwieriger Manövrierbarkeit vor allem beim Rückweg; eine andere, weil sie zu nahe am Weg und an einer Bienenstock-Plantage war. Dann entdeckten wir nach kurzer weiterer Zu-Fuß-Erkundung eine wunderschöne Stelle am Fluss inmitten von Bäumen.

Bei einer Rundwanderung um Virgen Blanca konnten wir einige Lerneffekte beim kombinierten Umgang mit Wegeszeichen und Landmarken, Garmin-Outdoor-Navi und OSMAnd-App verzeichnen. Winking smile … wir werden immer besser. Abends schnitzten wir uns noch neue Wanderstöcke, direkt am Fluss sitzend. Die alten hatten wir ja traurigerweise bei der Abfahrt in Ordesa verloren, weil wir vergessen hatten, dass wir sie auf den Radträger am Heck des Unimogs gelegt hatten.

Wir wanderten tags darauf in Richtung Pico de Posets hoch – wir sind ja umgeben von den höchsten Pyrenäengipfeln wie dem Posets oder dem Aneto mit ihren rpund 3400 Metern Höhe. Wir sind nicht in einem hessischen Mittelgebirge! In rund 2000 Metern Höhe kehrten wir dann um – das Wetter schien sich zu verschlechtern, und mit Gewittern im Gebirge spaßt man nicht.

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Beate auf dem Weg zum Posets

Die Rückfahrt verlief auf der gleichen engen Schotterpiste, die wir hochgefahren waren – immerhin beruhigt es, zu wissen, dass man ja auf dem Hinweg durchgepasst hat. Eine überraschend breite geschotterte Forststraße führte uns nach Chia, ein paar enge und mit tiefen Spurrillen versehene Haarnadelkurven lassen einen hoffen, dass mit Bremsen und Lenkung unseres Oldtimers in seinem 37. Lebensjahr alles in Ordnung ist.

Durch eine Engpassage an zwei Haus-Ecken in Chia passen wir gerade durch. Bei einem Café-Besuch wird der Grünimog zugeparkt – am steilen Hang stehend stellt jemand seinen Pkw gerade mal 50 Zentimeter vor dem nach unten weisenden Rammschutz des Unimog ab.

Pyrenäen: Hiking, Climbing, Canyoning, Kayaking, Skiing

Muss der Besitzer Vertrauen in den Fahrer des grünen Monsters haben! Alleine beim Lösen der Feststellbremse könnte der 7,5 Tonner sich in Richtung Plastikschnauze des Seat in Bewegung setzen, falls sich der Fahrer mit dem Timing und der Dosierung von Kupplung und Gaspedal vertut.

Wir durchqueren im Anschluss Castejon de Sos und das überraschend hübsche Örtchen Benasque, und finden schließlich einen Standplatz – benachbart von drei VW-Bussen – am oberen Ende der Straße am Nationalpark beim Aneto. Umgeben sind wir von Bergwanderern und Kletterern, viel sportivem (spanischem) Volk. Eine angenehme Atmosphäre – wie zuvor schon bei den Canyoning-Sportlern in Anisclo. Die Pyrenäen sind ein Paradies für Outdoor- und Natursportarten!