Grünologie und Ökologie

Brasilianische Band beim Hochzeits-Fest


Freud‘ und Leid liegen, so sagt der Volksmund banal, nah beieinander. Bevor wir zu unserer Pyrenäen-Tour aufbrachen, besuchten wir am vergangenen Samstag zwei unserer Island-Mitfahrer – Claudia und Sibylle begingen ihren 20. Hochzeitstag mit einem schönen Fest im Wirtshaus Reichsbachtal, am Falkenstein im Taunus.

Auf der direkten Weiterfahrt einen Tag darauf besuchten wir eine Freundin und Quasi-Kollegin von Beate, bei der man sowohl zufällig wie kürzlich vier Tumor-Metastasen im Kopf gefunden hat, und den eigentlich dazugehörigen Primärtumor nicht. Die Bestrahlung beginnt bald, doch wie man sich mit einer solchen Diagnose fühlt, vermögen Worte nicht zu beschreiben. Meine jedenfalls nicht.

Rast im „Süden“

Nachdem wir uns verabschiedet hatten und unser siebeneinhalb Tonnen schweres Ungetüm wieder aus den engen und zugeparkten Wohnstrassen der Mannheimer Gartenstadt bugsiert hatten, lenkte ich den Unimog gen Süden, gen Freiburg. Dort parkten wir das Fahrzeug mit H-Kennzeichen im grünologischen Stadtteil Vauban nahe des Retaurants „Süden“, in dem ich während meiner Ausbildung zum MBSR-Kursleiter einige Essens-Zeit verbracht hatte.

Um die Ecke wohnen einige alternative Fuzzies und stehen auch einige schräge Wohn-Fahrzeuge rum, was mich zu der – irrigen – Annahme veranlasste, der Grünimog würde nicht anecken.

Öko-Oberlehrerin in Freiburg

Weit gefehlt, nach dem Parken belehrte uns eine Dame in oberlehrerhafter Manier, dass unser Fahrzeug ja zwei Parkplätze belege (wen wundert’s bei sechs Meter Länge; außerdem gab’s genügend freie andere), warum wir denn nicht mit dem ÖPNV oder wenigstens mit einem kleineren Auto gekommen seien.

Dass wir ja nur auf der Durchreise waren, interessierte sie wohl weniger. In Freiburg, das Gefühl beschlich mich schon früher, wird man leicht mal angeranzt, wenn man nicht grün-ökologischen Puritanismus praktiziert.

Ressourcensparendes Reisen

Dass wir unseren Strom mit Hilfe der Solarmodule auf dem Dach autark produzieren, dass wir angesichts beschränkter Gas- und Wasservorräte an Bord sehr ressourcensparend unterwegs sind (etwa unser Wasser häufig doppelt und dreifach nutzen, bevor es den Abwassertank verläßt), dass wir generell mit allen Materialien weiter- und wiederverwendend umgehen, dass wir angesichts beschränkter Ladekapazitäten auch in Sachen Kleidung und Ausrüstung minimalistisch unterwegs sind…

…kam der Dame in ihrer Denk-Blase wohl nicht in den Kopf. Vielleicht hätte sie – aber das ist natürlich eine Unterstellung – noch angemahnt, dass 20 Liter Diesel Kraftstoffverbrauch auf 100 Kilometer ökologisch unakzeptabel sein.

EU-Norm-Auto ist ein Energiefresser

Ich hätte dann geantwortet, dass ein guter Freund von mir, seines Zeichens Kfz-Meister seit vielen Jahren, immer betont hat, dass das ökologischste Auto jenes ist, das man weiter fährt. Umso mehr, wenn es noch ein pur mechanisch-elektrisches Auto ist und keine neumodisches, dass letztlich immer mehr zum Computer auf Rädern wird – mit dem entsprechenden Verbrauch an Energie wie edlen Metallen und den damit einhergehenden Abbau- und Arbeitsbedingungen und ähnlichen umweltrelevanten Zusammenhängen.

In der Gesamt-Ökobilanz steht ein 37 Jahre altes Fahrzeug, glaube ich, nicht so schlecht da. Manche Leute leben dauerhaft in solchen Fahrzeugen – ich denke mal, dass deren Lebensstil deutlich ökologischer ist als die einer saturierten Bewohnerin eines baubiologisch perfekten Hauses mit Ökostrom-Anschluss.