Marrakesch. Asilah. Tanger Med. Frankfurt.

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Marrakesch – willkommen im Mainstream-Tourismus! In Marrakesch ist viel erlaubt und vieles möglich, was auf dem flachen marokkanischen Lande undenkbar wäre. Der Kleidungsstil junger Frauen etwa. Später, beim Imbiss heute, wird sich eine dieser junge Frauen so hinter mich setzen, dass ein Blick auf den sexy roten Tanga-Slip nicht ausbleiben kann – während vor dem Tisch, an dem sie sitzt, eine schwarz ganzkörperverschleierte Frau vorbeiläuft, deren Sehschlitz kaum die Augen erkennen lässt.

Beides ist Marrakesch, in dem Korruption und Prostitution blüht, und Touristen aus allen Ländern in diversen Etablissements zwischen günstig-billig und Luxus-Luxus absteigen. Alle müssen wenigstens einmal zur Medina, zum Gauklerplatz Djamaa el-Fna und in die Souks, so auch wir – beim diesmal dritten Besuch hat das Treiben allerdings für mich seinen Reiz verloren, gerade wenn man weiß, dass die dargebotenen Waren – sofern überhaupt aus ortsansässiger Produktion, Kunsthandwerk etwa, – häufig im Süden eingekauft und an die Touristen in Marrakesch mit entsprechenden Aufschlägen weiterverkauft werden.

Überraschung Asilah

Den Schnitt machen die Händler, nicht die Produzenten im Süden Marokkos; deswegen haben wir ja auch dort bereits unsere Mitbringsel – Tee-Tisch, Teppich, Schal, Argan-Produkte etc. – erworben. Ein Kaffee im Café de France muss sein, und ein bisschen sich verlieren im Souk auch. Keine neuen Fotos, die wir im vergangenen Jahr nicht schon schon geknipst hätten – deswegen siehe dort…

Überraschung! Eigentlich endet die gemeinsame Fahrt unseres Konvois in Marrakesch, aber wir treffen uns alle – mehr oder weniger geplant – am nächsten Tag in Asilah, nahe Tanger. Ist immer angeraten, den etwa 600 Kilometer weiten Weg zum Fährhafen mit einem Zeitpuffer anzutreten; zumindest wenn man ältere oder zu Reparaturen neigende Fahrzeuge bewegt.

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Asilah ist so etwas wie Essaouira en miniature, d.h. die portugiesischen Begründer haben dem Städtchen ihren Stempel aufgedrückt. Das haben auch zeitgenössische Künstler und Kunsthandwerker und so zeigt sich die an den Hafen grenzende Medina farbenfroh und bildgewaltig in mediterranem Stil.

Unsere Fahrzeuge stehen direkt am Wasser unterhalb der dicken Mauern, oberhalb ragen ein paar Kanonenrohre gen See. Abendessen in einem Restaurant, in dem die Katzen die Herrschaft über Tische und Essensreste errichtet haben, morgens noch ein Rundgang durch die farbenprächtig stillen und enorm sauberen Gassen. Glück: Wir sind vor den Reisebussen da, bevor die Geschäfte öffnen und haben so das alles für uns fast allein. So kann ein Rückreisetag trotz Abschieds-Wehmut Spaß machen. 

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Die Weiterfahrt – zum Fährhafen Tanger Med sind es kaum 70 Kilometer – unterbrechen wir fürs Tanken (noch mal 200 Liter Diesel für 0,80 Euro pro Liter) und dafür, die Fahrzeuge waschen zu lassen: Für etwa zehn Euro putzen und schrubben zwei Jungs rund eine Stunde pro Offroad-Lkw – so sauber war unser Unimog garantiert nur, als er das Werk verließ.

Mit dieser akribischen Hingabe hat keiner gerechnet, und so treffen wir erst spät und im Dunkeln in Ksar Tseghir zum Abendessen ein – dadurch haben wir kaum mehr etwas von der schicken Terrasse mit Blick aufs Mittelmeer, Spanien, Gibraltar; dort liegt die “Festung Europa”. Kalt ist es auch.

Chaos bei der Ein-Schiffung

Bei der Ein-Schiffung entspinnt sich Chaos, bei dem ein Mercedes-Fahrer sich mit dem dicken linken Vorderreifen vom IFA anlegt – da versucht jemand, eine vorherige Schramme sich von einem Touristen bezahlen zu lassen. Geschrei, Gezeter, Gefuchtel – mediterran-arabische Kommunikation at ist best lässt sich bewundern, Marokkos Polizei und Zoll, durchaus anwesend, kümmert’s gar nicht. Schließlich sorgen Vertreter der Fährgesellschaft für Weiterfahrt und lösen die Blockade auf.

Unsere Fahrzeuge durchlaufen die Scanner- und Durchsuchungsprozedur, mit der die marokkanischen Behörden nach Flüchtlingen fahnden, die sich in und unter den Lkws versteckt haben könnten. Während wir später vor der Fähre stehen, werden wir einen nervösen jungen Mann im Kapuzenpulli bemerken, der auf und ab läuft. So weit hat er es geschafft, alle Kontrollen zu passieren – und doch werden die Schergen ihn kriegen.

Nach der Reise: vor der Reise

Zwei Tage Rückfahrt auf See: liegen, lesen, denken, reden, notieren, essen, schlafen. Dann von Genua ab nach Deutschland. Noch ein spätes Frühstück an der letzten italienischen Raststätte vor der Schweiz mit unseren Freunden von eineweltreisen.org – die Wege trennen sich an der Verzweigung zu San Bernadino (Richtung Berlin) und Sankt Gotthard (Richtung Frankfurt).

Wir zögern die Ankunft daheim durch Abendessen und Übernachtung am Sempacher See  hinaus. Aber irgendwann muss man heim. Leider.

Gegen diese Trauer hilft nur ein Motto: Nach der Reise ist vor der Reise. Aufarbeiten der Erfahrungen und Erkenntnisse, Umbau und Erweiterung des Fahrzeugs, Aneignung von Sprachen und Kenntnissen. Wir werden umsetzen, was wir im Fernreiseseminar gelernt haben.