Geier-Valley im Lichtschutzgebiet

Geier am Pena Falcon

Perlen liegen unentdeckt am Wegesrand. Galicien mag durch Granit-Berge und krickelige Rias eine relative Bekanntheit erreicht haben, Andalusien kennt jeder. In der Mitte Spaniens liegt unbeachtet oder unbekannt die Extremadura. Sie gilt als karg.

In HemingwaysWem die Stunde schlägt“ über den Spanischen Bürgerkrieg gilt sie dem republikanischen Partisanenchef Pablo als eine unwirtliche Region, in die seine Bauernguerilla wohl flüchten muss, wenn ein Sprengstoffanschlag auf eine für die Faschisten logistisch wichtige Brücke im Raum Segovia gelingen sollte. Schlimmer noch ist nur die Flucht in die Kälte der der Extremadura nahegelegene Sierra de Gredos, einem Hochgebirge.

Eine terra incognita galt es zu entdecken: Stein- und Korkeichenwälder, in denen – ein Merkmal der Dehesa – Rinder, die besonderen Iberischen Schweine, Schafe, Ziegen auf großer, weiter Fläche mit locker verteiltem Baumbestand weiden. All diese Tiere sind dem Tod durch den Schlachter geweiht; aber wenn es einen Ort gibt, wo sie ihr Leben glücklich bis zum vom Menschen herbeigeführten Ende verbringen können, dann muss es wohl eine Dehesa sein.

Bildergalerie zum Monfragüe-Nationalpark in der Extremadura (größere Version nach Klick aufs jeweilige Bild):

In der Extremadura liegt der Nationalpark Monfragüe, eine Perle in der Perle, ein Biosphärenreservat und eine Starlight Reserve – ein Lichtschutzgebiet.

Ein Lichtschutzgebiet (englisch dark sky place, DSP) ist ein Schutzgebiet in Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz, in der nächtliche Dunkelheit durch sehr geringfügige Lichtverschmutzung („Lichtsmog“) als Schutzgut gesehen wird.

(Zitat: Wikipedia)

Der Nationalpark gilt als Paradies für Vogelbeobachter. Besonders der Pena Falcon genießt dabei einen besonderen Ruf: Ein schroffer, karger Felsen mit eigentümlichen Farben, dessen Risse und Löcher hervorragende Nist- und Brutplätze abgeben für Geier. Rund 80 Paare Gänsegeier sollen dort leben.

Ein Start- und Schlafplatz für manchmal 60 Kilometer weite Flüge auf Nahrungssuche in die umgebende Dehesa, auf der Suche nach vorzeitig verstorbenen Rinder, Schweinen, Schafen, Ziegen.

Den Pena Falcon kann man von der Straße aus beobachten, oder von dem gegenüber liegenden Felsen, auf dem sich ein verfallenes maurisches Kastell befindet. Der Asphaltweg vom Parkplatz ist zu Fuß gut zu bewältigen – dennoch ignorieren nicht wenige Besucher das Einfahrtsverbot für Kraftfahrzeuge. Klick, klick, schnell, schnell, und weiter.

So fliegen die Geier, rund 50 an der Zahl, über einem, unter einem, neben einem. Der Wildnispädagoge jauchzt vor Glück (auch, als am nächsten Tag eine Hirschfamilie ohne Scheu unseren Weg kreuzt).

Nachts lässt einen der Wolkenschleier erahnen, wie die Sternenpracht im Lichtschutzgebiet wohl funkeln würde, wenn der Himmel klar wäre. Der Grünimog verfügt im Alkoven tatsächlich über ein Stargazing Window – ein ehemaliges Schiebedach eines Renault Twingo wurde dort quer eingebaut und ermöglicht auch im aufgefahrenen Zustand eine weitgehend kälte- und windgeschützte Sternensicht.

Es ist Winter: Orion ist trotz Bewölkung deutlich zu erkennen. Und damit Beteigeuze – wo Ford Prefect, Buchrechercheur des „Anhalter durchs All“  herkommt.

Kastelle und Kathedralen

IMG_2880 (2)Um das Städtchen Reguengos de Monsaraz – wieder im Alentejo, aber nicht an der Küste, sondern hart an der Grenze zu Spanien -, liegt eine bekannte portugiesische Weinregion; wir fuhren an den Keltereien vorbei, obwohl der Vinho Verde-Vorrat der Quinta de Pereirinhas im nordportugiesischen Monção schon abgenommen hatte. Im kleineren nahegelegenen Monsaraz, schlugen wir die Zelte auf. Heißt: parkten den Grünimog unterhalb des Kastells.

Über Nacht hoch über der mäandernden Flusslandschaft des Guadiana, unterhalb des Kastells und der historischen Stadtmauern: Wir aßen in einem schönen Restaurant (dem einzigen geöffneten) und bummelten nachts durch die beleuchteten alten Steinauftürmungen. Tags darauf ein Abstecher zu einer Stätte mit Menhiren und Dolmen, bevor wir gen Cáceres fuhren.

Bildergalerie zu Monsaraz (größere Version nach Klick aufs jeweilige Bild):

Zuvor hatten wir auf portugiesischer Seite Castro Verde, Mertola und Évora passiert, auf spanischer Merida. Alles Orte, die einen Besuch verdient hätten…, besonders Merida (vor allem, wenn man zuvor in Rom und Jerusalem war). Aber eigentlich galt unsere primäres Interesse als Coyote Teacher der Natur der Extremadura, und dann erst den historischen Kastellen und Kathedralen und anderen baulichen Kunstwerken… in einer Gegend, in der sich Mauren und Christen hin- und hergetrieben haben.

Also übernachteten wir auf einem offziellen Wohnmobil-Stellplatz zu Füßen der verwinkelten Altstadt Cáceres’ (siehe vorstehende Bildergalerie) mit ihren vielen kleinen, zum Verirren anregenden Gassen und stromerten inmitten der alten Gemäuer herum.

Währenddessen die Insassen benachbarter weißer Wohnmobile den Abend bei aufgestellten Satelliten-TV-Schüsseln verbrachten.

Freiheits-Postulat & Neo-Imperialismus

Klippe am Praia dos Tomatos

Leinen los zur rechten Zeit: Die Praia da Marinha verließen wir am Dienstag Mittag offensichtlich rechtzeitig – ein oder zwei Tage später wurden die dort frei stehenden Wohnmobilisten von den portugiesischen Ordnungshütern verscheucht und Erdwälle aufgeschüttet, um den Zugang zum Gelände oberhalb der Klippen des Strandes zu versperren.

Solcherlei kommt an der von überwiegend weißen Wohnmobilen mit französischer, niederländischer, britischer und deutscher Besatzung an Bord überfüllten Algarve nicht selten vor – zu viele Plastik-Protzkisten mit zu vielen ignoranten Besitzern sind unterwegs. Da bricht sich eine Art Neo-Imperialismus die Bahn, der sich in Landnahme untem Freiheits-Fähnchen äußert: Der weltenbummlerische Wohnmobilist nimmt sich die Freiheit, auf jedem Fleckchen Land zu stehen, das ihm gefällt, möglichst nahe am Strand, am See, an den Klippen, am Fluss.

Spießbürger in Sandburgen

Die berechtigten Interesse der Anwohner auf freien Ausblick oder auch nur Sauberkeit fallen diesem Freiheitsdrang zum Opfer, vom Motto der Urban Explorerleave nothing but footsteps, take nothing but pictures – hat diese Fraktion der postmodernen Pseudo-Nomaden im Zeichen der Satelliten-Schüssel selten gehört. In Facebook-Gruppen stellt sich solche Selbstgefälligkeit, ohne es zu merken, an den Pranger: Empörung wogt, wenn das vermeintliche “Recht”, sich wo’s beliebt hinzustellen, und den mobilen Hausrat samt Wäsche flächendeckend auszubreiten, angezweifelt wird. Ihren Unrat lassen sie gerne da.

Die Spießbürgerlichkeit des Häuslebauers unter Schuldenlast wird nahtlos ins mobile Eigenheim transferiert. Die Kosten der Unterkünfte liegen mitunter nicht weit auseinander. Und umgekehrt: Wie würden die Nachbarn im mittelhessischen Pendlerdorf reagieren, käme ein Edelwohnmobilfahrer mit EU-Kennzeichen auf dem Feldweg an der Apfelbaumreihe des anrainenden Hügelkamms zu stehen, nachdem er ein paar Büsche umrangiert hat und erklärte, es gefalle ihm hier so gut, dass er ein paar Tage bliebe?

Verhalten sich Offroad-Reisemobilfahrer anders? Meist ja, denn ihr reduzierter Lebensstil und ihre Reise-Erfahrungen in ferne, arme, ressourcenknappe Länder verleihen ihnen häufig eine andere Sensibilität (häufig, nicht immer, nicht bei jedem). Meine These bestätigt ein bayerisches Paar mit einem 416er Unimog, der dezent geparkt am Praia da Marinha stand. Sie erwiesen sich als langjährige Land Rover-Afrikareisende; sie waren auf dem Weg in den Maghreb, und wir tauschten Marokko-Geschichten aus.

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Al Gharb – im Westen Andalusiens

Nunmehr Algarve. Al-Gharb al-andalus haben die Mauren diesen Landstrich im (Süd-) Westen der iberischen Halbinsel genannt. Und das heißt es tatsächlich – “im Westen Andalusiens”, so die Übersetzung von “al-gharb al-andalus”.

Aber nicht gleich an die Küste – ab und zu muss es im Reisemobil einen Ver- und Entsorgungstag geben, und dazu fährt man entsprechend ausgestattete Stell- oder notfalls auch Campingplätze an. Als Freisteher scheuen wir die sonst eher – der Grünimog fühlt sich zwischen Wohnmobil-Eigenheimen, die in Reihenhaus-Manier geparkt sind, nicht so wohl.

Wasser fassen und Café trinken in Monchique

Wir mussten Wasser auffüllen, also eine Übernachtung auf einem recht schön gelegenen “Autocaravan”-Platz in der Serra de Monchique, mit tags darauf anschließendem Besuch dieses Bergstädtchens, als Kurort bekannt für seine Thermalbäder. Die aber schienen wir ausgestorben.

Dann aber wechselten wir zum Praia da Marinha bei Portimao, um dort wiederum zwei Tage zu bleiben – einfach Strandtage mit meditativen Sonnenauf- & untergängen samt Spaziergängen.

Dabei entdeckten wir eine geheimnisvolle, leer stehende Villa – wunderschön gelegen und gestaltet (und nicht schwer zu entdecken). Was mochte da passiert sein? Geld ausgegangen? Baugenehmigung entzogen? Ein Familiendrama? Erbstreitigkeiten?

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Costa Vicentina: von Klippen und Stränden

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„Bridge over troubled water“

Genug der Städte! Nach Santiago de Compostela, Ourense, Porto und Lissabon nun raus dahin, wo wir wirklich hinwollen als frisch gebackene Wildnispädagogen & Coyote Mentoren – in die Natur!

Von Lissabon ging es über Setubal gen Santiago do Cacem, vorbei an der an sich beeindruckenden Lagune von Santo André – zu schlecht das Wetter, um sie genießen zu können, und zu groß die Hoffnung, es könne mit jedem Kilometer weiter südlich besser werden.

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An der Ilha do Pessegueiro

Südlich der Vasco-da-Gama-Stadt Sines wollten wir einen Platz finden – angeregt von anderen Dauer-Reisenden und/oder Digitalen Nomaden, die über sich, ihre Fahrzeuge und ihre Standorte via Instagram, Facebook oder eigenen Blogs verhalten Auskunft geben. Denn es gibt eine Art “Kodex”, nicht die GPS-Koordinaten schöner Stellplätze bekannt zu geben – zu häufig kommt es vor, dass alsbald Horden von Weißware-Wohnmobilen mit Spießbürgern aller Länder am Steuer und Satellitenschüsseln auf dem Dach einfallen und die bunten, lockeren Menschen in umgebauten farbenfrohen Bussen, Lkws und auch Unimogs vertreiben.

Man ist also angehalten, mit vagen Angaben auszukommen, anhand von Satellitenbildern u.ä. vor Ort zu navigieren und eben selbst zu entdecken und zu erforschen, welcher Weg wo hinführt und ob an dessen Ende eine Überraschung lauert… kann eine Enttäuschung sein oder die Umkehr, weil man zu hoch, zu breit für den Weg ist; oder Glück zu haben und allein an einem wundervollen Strand zu stehen.

Uns verschlug es schließlich am 5. Januar nach der Ilha do Pessegueiro, nahe einer alten Seefestung und einem einsamen, nahezu leeren Strand-Restaurant, in dem wir abends darauf einen superben Meeresfrüchte-Eintopf genießen sollten. Geschützt im Rücken von Felsen und dem Kastell, mitten in den alten Laufgängen , gingen wir vor Anker. Unimog-Schnauze und Blick gen Meer zu gerichtet.

Dort blieben wir einfach. Man kann auch ziemlich viel damit zu tun haben, nichts weiter zu tun zu haben. Bzw. nichts weiter zu tun als im Hier & Jetzt und den Elementen zu sein.

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Beate mit „Paratrooper“-MTB

Aber ganz ohne Aktivität geht’s nicht – immerhin hatten wir unsere erst kürzlich erworbenen Klapp-Mountainbikes an Bord, die wir zum ersten Mal on tour dabei hatten und die einer Erprobungsfahrt harrten. Die hatte es dann in sich! Rund 32 Kilometer hin und zurück nach Vila Nova de Milfontes, und das in den Dünen, im Gestrüpp, selbstverständlich immer gegen den Wind… Da wurden die Beine schwer. Passagen im tiefen Sand mussten wir schieben.

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Wildnis-Leben – am Strand und in Lissabon

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Oliver beim Wurfholz-Training

Wir sind vor vier Tagen in der Nähe von San Pedro do Moel angekommen. In der Nacht mit diesem unglaublichen Vollmond, so dass wir erst einmal den erst-besten Parkplatz oberhalb der Dünen wählten, um uns am kommenden Morgen besser zu organisieren…

Was gelang, und so standen wir nach einem Erkundungsspaziergang einige hundert Meter weiter nahezu alleine auf einem Strandparkplatz, zu dem ein schmaler Sandweg führte – den hatte allerdings auch ein schwarzes Lkw-Wohnmonster passieren können.

Wir nahmen es aber in Kauf, da es rund hundert Meter entfernt parkte; auch wenn es den Eindruck machte, in der “Mad Max”-Trilogie eine Rolle gespielt zu haben. Manch eine(r) hält unseren Grünimog schließlich auch für ein Ungetüm – auch wenn es sich dabei um die biederbürgerlichen Nachbarn in der heimischen Wohnsiedlung handelt. Deswegen nennen wir ihn zwischenzeitlich auch das Unigeheuer

Mal moderat sonnig, diesig, windig – nach dem ersten Strandspaziergang widmete sich Beate einem ihrer Bastelprojekte, nämlich einen Schuhlöffel zu schnitzen. Während ich am Strand meine Jagd-Holz-Wurf-Technik, die ich bei unserer Ausbildung zu Wildnispädagogen gelernt hatte, weiter entwickelte…

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Beate beim Schuhlöffel-Bau

Man schläft so gut bei Meeresrauschen! Am nächsten Morgen steuerten wir den Grünimog gen Lissabon – über die portugiesische Haupstadt, sicherlich einer der schönsten Städte Europas, gibt es viel zu sagen und zu schreiben. Und das ist andernorts so viel und gut getan worden, dass ich dem keine eigenen Worte beifügen möchte; eine Google-Suche mit dem Stichwort führt schnell zu Ergebnissen – als Beispiel mag ein Reise-Artikel aus der ZEIT dienen (Drei Tage in Lissabon).

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